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In einer sinnvollen Welt kann die Ebenbildlichkeit des geschaffe-
nen mit dem schaffenden Geiste auch durch den Fall des Menschen
nicht völlig vernichtet werden. Der Atman ist auch in ihr gleich
dem Brahman: Dieses Urwissen führt zum Wesen der Philosophie,
seit sie uns Kunde gibt von ihren großen Weisheitslehren. Wir tra-
gen das Gefüge der Welt in unserem Geiste; es offenbart uns die
Weltstellung des Menschen. Die Analogia entis ist das Tor zur
inneren Welt und — zur Überwelt. Dies bedeutet nicht Anthropo-
morphismus, weil der Mensch mehr ist als ein Einzelwesen, weil
er erst durch seine R ü c k v e r b u n d e n h e i t zur Würde der
Persönlichkeit gelangen kann. In beiden liegt die Krönung des Men-
schengeistes, in ihrer kategorialen Bestimmung die Krönung der
ganzheitlichen Pneumatologie. Durch sie erst vermag diese die
Weltstellung des Menschen zu bestimmen und seine Aufgabe im
Leben und im Kosmos metaphysisch zu begründen.
Wie die ganzheitliche Geisteslehre sich zur Aufgabe gemacht hat,
die Stellung des Menschen in der Welt darzulegen, so muß es nun
die Aufgabe dieser abschließenden Zeilen sein, ihre Stellung in der
modernen Psychologie und überhaupt in der Geschichte der Philo-
sophie sowie im System der Ganzheitslehre Othmar Spanns aufzu-
zeigen
1
.
Die letztere, und zwar zunächst hinsichtlich ihrer Stellung im
inneren (kategorialen) Gesamtgefüge der Ganzheitslehre, besonders
herauszuarbeiten soll unsere erste Aufgabe sein:
S c h ö p f e r t u m weist uns den Weg zur Ontologie. P e r s ö n -
l i c h k e i t ist die Überhöhung der ganzheitlichen Kategorien.
Die E b e n b i l d l i c h k e i t des Geschöpfes mit dem Schöpfer
ist die Voraussetzung jeder Religion. Die Stellung der Pneumato-
1
Beides ist ausführlich in meinem Buche geschehen, das unter dem Titel
„ D i e G e i s t e s l e h r e O t h m a r S p a n n s . Ihre Stellung in der Geschichte
der Philosophie, in der Ganzheitslehre und gegenüber der modernen Psychologie“
im selben Verlag über Wunsch der Herausgeber i960 erschienen ist. Die zen-
trale Stellung, welche die Geisteslehre im Gesamtwerke Spanns innehat, legte es
nahe, diese Arbeit der vorliegenden Gesamtausgabe gleichsam als Einführung
vorausgehen zu lassen. Das Nachwort muß sich nun darauf beschränken, die dort
dargelegten Gedanken zusammenzufassen und ihnen in dem sorgfältigen Be-
mühen eine neue Gestalt zu geben, den Voraussetzungen der Ganzheitslehre
überall getreu zu bleiben und doch auch ihren weitschwingenden Intentionen
gerecht zu werden.