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löserwort einer Welt eigentümlich, die in sich nur ihresgleichen zu
sehen vermag. Erst ein Welterlebnis, das nicht nur ü b e r dem
Irdischen, sondern auch i n allem Endlichen das Über-Endliche auf-
zuspüren vermag, kann die Welt aus ihrem Zustande der inneren
Angst befreien.
Wer dieses Buch mit offenem Herzen in sich aufgenommen hat,
der hat etwas von dem Hauche jener übersinnlichen Freiheit und
Befreiungskraft verspürt, die allein die der Welt einwohnende
Angst und Sorge zu überwinden vermag. Weil wahre Befreiung aus
dem Inneren kommt, muß der Anfang beim menschlichen Geiste
selbst getan werden; weil aber schließlich auch die äußere Welt davon
durchdrungen werden will, muß das Wort des Geistes vor den Be-
griffen der Welt bestehen können. Dies vermag allein die Philosophie
zu leisten. Wie der Geist als ganzer die Welt als ganze zu erneuern
vermöchte, das hat in unseren Tagen wohl keine Lehre so einsichtig
darzulegen vermocht wie die ganzheitliche Pneumatologie. Wir dür-
fen sie darum selbst als ein Geschenk des Geistes annehmen!
Mit Schöpfertum meint unsere tiefsinnige Sprache nichts anderes,
als Spann es durch den die Weltstellung des Menschen schon funda-
mental umreißenden Seinsbegriff des „Schaffens aus Geschaffen-
Werden“ konkretisierte. Denn Schöpfen heißt: aus etwas schöpfen,
aus einem Gefäße, in dem etwas bereitsteht oder bereitgemacht
wird, das der Mensch aus sich selbst allein nicht hervorbringen
könnte. Es ist eine sich stets erneuernde Gabe von oben, die uns
Spann verständlich machte als: E i n g e b u n g . Denn was von
oben kommt, ist nicht ein stets Gleiches, immer Vorhandenes, son-
dern ein Ausdruck des Lebendigen, des sich immer neu Setzenden
und Darbietenden. Die Eingebung ist die Quelle des Geistes. Dies
sagt uns schon die lebensnahe Ausdruckskraft unserer Mutterspra-
che, und doch vermochte die heute herrschende Philosophie und
Psychologie diesen Schlüsselbegriff zur Geisteslehre nicht zu ge-
brauchen. — Warum? — Weil sie immerhin wußte, daß Eingebung
nicht ohne Eingebungsgrundlage, daß „Ideen“ nicht ohne Ideenwelt
(ein für den Empirismus phantastischer, weil unerschwingbarer
Begriff) denkbar sind. Diese aber hatte sich Spann durch seine
Ontologie mittels der ganzheitlichen Kategorien bereits erschlossen,
bevor er dem Wunder des Geistes in seinen Höhen, dessen Ver-
finsterung in seinen Tiefen nachspürte.