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Idealismus nicht immer wieder den vergeblichen Aufstieg bis zur

erträumten „Synthese“ versucht, sondern wären sie dem natürlichen

Schöpfungsgange des Geistes herabsteigend gefolgt, was anderes

hätte das Ergebnis sein müssen als: Ganzheit, Ausgliederung und

Rückverbindung. Wie nahe stehen sich die großen schöpferischen

Geister; wie sehr aber kommt es auf den rechten Ansatz, auf die

richtige Annahme der Eingebung an!

Mit Recht unterstreicht Spann die relative Selbständigkeit jeder

der Geistesstufen. Beruht doch darauf die Gliederung des objekti-

ven Geistes in seine Teilinhalte. Deshalb bedarf jede Stufe einer An-

knüpfung nach oben (zur vorgeordneten) und nach unten (zur nach-

geordneten Stufe). Nach oben heißt diese Verbindung „Empfangen“,

nach unten „Verarbeiten“. Die inhaltliche Verbindung von der

ersten bis zur letzten Stufe ist gewährleistet durch das „Gedächtnis“.

In dieser Verschlingung zeigen Stufen und Teilinhalte, wie sich das

Gefüge des Geistes durch sinnvolle Selbstspiegelung immer mehr be-

reichert.

Der entscheidende Unterschied zwischen der Ganzheit des subjek-

tiven und der des objektiven Geistes liegt darin, daß dieser sich in

eigenlebendige Glieder auseinanderlegt, von denen jedes letzte, eben

der subjektive Geist, alle geistigen Potenzen in sich trägt; daß hin-

gegen die über diesen stehenden Ganzheiten sich dadurch verstehen

lassen, daß bestimmte geistige Inhalte in ihnen besonders unter-

strichen werden (Familie, Volkstum, Religionsgemeinde usw.). Der

subjektive Geist ist in sich selbst Person, und seine innere Gliede-

rung zeigt sich in geistigen Erscheinungen (Gedanken, Gefühlen,

geistigen Strukturen), jedoch nicht wie der objektive Geist in Glie-

dern, die selbstmächtiges Eigenleben in sich tragen. Der Gedanke

hat als Gedachtes zeugerische Macht im Denkenden, nicht aber durch

sein eigenes Denken!

1

Der Gedanke als solcher denkt nicht, das

Gefühl als solches fühlt nicht. Der Denkende, der Fühlende denkt

und fühlt Bestimmtes und bejaht dabei Bestimmtes. Weil er dies in

Gezweiung tut, und zwar in den verschiedensten Gezweiungskreisen,

folgen daraus einerseits die Teilinhalte, andererseits die Stufen der

Gesellschaft, was hier freilich nicht weiter zu beleuchten ist. Stufen

1

In diesem, neue Gedanken hervorreizenden und nicht im wörtlichen

Sinne ist wohl auch der Satz Spanns zu verstehen: „Das Gesetzte wird selbst wieder

setzend, der Gedanke denkt wieder.“ (Der Schöpfungsgang des Geistes, S. 215.)

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