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aber, sei es in der Gesellschaft, sei es im Organismus, sind eigen-

lebendige Leistungsträger. Stufen in diesem Sinne (wie sie die Kate-

gorienlehre ursprünglich herausgearbeitet hat) gibt es nur dort,

wo Eigenleben ist, Setzung im Sinne einer Vita propria. Innerhalb

des selbstbewußten Einzelgeistes aber gibt es nicht wieder Unter-

geister, daher auch keine Gezweiungskreise, keine Gemeinschaften,

keine „Stufen“ im Sinne etwa der Gesellschaftslehre. Dennoch aber

sind die von Spann aufgezeigten Geistesschichten „Stufen“ im

Sinne eines ganzheitlichen Gliederbaues, denn sie ergeben sich aus

der Entfaltung der Eingebung als einer Ganzheit.

Spann hat zuerst die Gesellschaftslehre, deren Teil die Volks-

wirtschaftslehre ist, dann als das entscheidende Fundament seiner

Philosophie die Kategorienlehre entwickelt. Auf sie erst folgte die

Pneumatologie. Dem Wesen der Sache nach ist der Geist dem Geiste

das Nächste, das Offenbarste und Einsichtigste. Die Geisteslehre

müßte daher der Anfang alles Philosophierens sein. Im philosophi-

schen Lebenswerke Spanns, der ja erst aus dem Gebiete seiner Spe-

zialwissenschaft zur Philosophie hinfinden mußte, konnte sie der

Anfang nicht sein, aber sie hat darin schon äußerlich eine ganz zen-

trale Stelle. Sie nimmt in seiner Philosophie auch zeitlich genau die

Mitte ein

1

.

Die Geisteslehre gibt dem suchenden Geiste seine Bestimmung

und seine Aufgabe. Sie offenbart ihm sein inneres Gefüge, welches

ihn erst mittelbar zu den Kategorien des Seins führt, das ja mehr ist

als nur Geist, weil es auch die Fülle der Natur in sich begreift.

Geistesstruktur ist eine Entsprechung zur Seinsstruktur, aber noch

nicht diese selbst. Das Gefüge des Geistes ist ein kategoriales, aber

es ist nicht identisch mit den Kategorien des Seins, wie sie die Kate-

gorienlehre als allgemein-ontologische Grundstruktur entwirft. Es

ist ein „formales“ im Sinne jenes (aristotelischen) Form-Begriffes,

der den Inhalt nicht bloß aufnimmt, sondern wesenhaft mitbe-

stimmt, aber es ist noch nicht der Inhalt selbst, der dem Geiste erst

durch die Eingebung geschenkt wird. Die innersubjektiven „Kate-

gorien“ sind noch nicht die allgemeinen Seinskategorien. Deshalb

können auch die „Stufen“ und „Teilinhalte“ des subjektiven Geistes

nicht eine genaue Analogie zu jenen der ontologischen Kategorien

sein, sondern zu ihnen nur in einer Entsprechung stehen, dafür aber

1

Siehe meine Arbeit: „Die Geisteslehre Othmar Spanns“, Graz 1960, Einleitung.