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dung mit Sensualismus und Materialismus die Figur des Darwinismus

machen können.

Die Hauptfrage nun, die dem Leser nach dieser Kritik am

Herzen liegen muß: was die unhaltbare Theorie des Marxismus

ersetzen soll, kann an dieser Stelle nicht systematisch erörtert

werden. Dies würde ausführliche, theoretische Untersuchungen er-

fordern. Nur so viel sei gesagt: Jene Organisierung der Wirtschaft,

die schon vor dem ersten Weltkriege in Form von Konzern, Kartell,

Gewerkschaft, Sozialpolitik, Genossenschaftswesen, Kollektivarbeits-

vertrag im Anzug war, entsteht nicht aus dem Grunde, den Marx

angab (dem angeblichen „Konzentra- / tionsgesetze“), sondern des-

halb, weil freie, individualistische Wirtschaft wider die Natur aller

Wirtschaft, weil wesensgemäß nur organisierte Wirtschaft möglich

ist. — Natürlich ist eine solche Organisierung der Wirtschaft nur

von einem neuen Staatsgedanken aus denkbar.

Aus diesen Andeutungen geht schon hervor, daß die Organi-

sierung der Wirtschaft keine einheitliche, zentralistische Durch-

kollektivierung sein dürfe, sondern eine ständisch geordnete Wirt-

schaft, das heißt ein Gliederbau ständischer Körperschaften, sein

müsse

1

.

3 . D i e p o l i t i s c h e E n t w i c k l u n g d e s M a r x i s m u s

Die Lehre Marxens wurde von den Arbeiterparteien der meisten Län-

der, den „Sozialdemokraten“, angenommen. Aber nur die eiserne Not der

schärfsten Widerstandsstellung gegen die kapitalistische Ordnung konnte

die vielen inneren Widersprüche verbergen, die im Marxismus beschlos-

sen lagen. Dennoch kam schon vor dem Kriege ein Widerspruch darin

zum Ausdruck, daß in Deutschland eine kritische, die entwicklungs-

geschichtliche Seite des Systems (die aus der Konzentrationstheorie folgt)

besonders betonende Richtung entstand, welche die Wert-, Mehrwert-

und Zusammenbruchstheorie bezweifelte, der „Revisionismus“. Nach der

üblichen Meinung wurde der Revisionismus durch E d u a r d B e r n -

s t e i n s Buch „Die Voraussetzungen des Sozialismus“ (1899) begründet.

Jedoch war die kritische Behandlung des Marxismus, welche von E u g e n

D ü h r i n g und besonders von W e r n e r S o m b a r t

2

ausgegangen

war

3

, die unentbehrliche Voraussetzung für Bernsteins Buch.

1

Vgl. mein Buch: Der wahre Staat. Vorlesungen über Abbruch und

Neubau der Gesellschaft (1921), 4. Aufl., Jena 1938, und unten S. 223.

2

Zur Kritik des ökonomischen Systems von Karl Marx, in: Archiv für

Sozialwissenschaften, 1894; Sozialismus und soziale Bewegung (1896),

9. Aufl. 1922. Letztere Schrift fand große Verbreitung und wurde in viele

Sprachen übersetzt.

3

Siehe oben S. 163, unten S. 227.