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a b s t r a k t e V e r f a h r e n M e n g e r s l e b t n u r v o n e i n e r i n -

d i v i d u a l i s t i s c h e n U n t e r s t e l l u n g , das heißt von der An-

nahme, als wären alle Wirtschaftskräfte autarke Punktalkräfte, gleich-

sam selbstbewegte Atome.

Das geschichtliche Verfahren dagegen gründet in der Voraussetzung

universalistischen Zusammenhanges aller Teilkräfte und daher ihrer ge-

schichtlichen Bestimmtheit. Die Schwäche des geschichtlichen Verfahrens

ist die Theorielosigkeit; die Schwäche des abstrakten Verfahrens die

Lebensfremdheit, ja Wesenswidrigkeit! Es kann wohl den Tausch schon

gegebener Angebote und Kaufkräfte, aber nicht die Entstehung der

Nachfrage — nicht die L e i s t u n g , Erzeugung und nicht die tauschlose

organisierte Wirtschaft erklären

1

.

Ist demgemäß die Verfahrensfrage zuletzt eine Frage nach der indi-

vidualistischen oder universalistischen Wirtschaftserklärung, so liegt / der

Schlüssel zur Lösung in der allgemeinen Gesellschaftslehre (Soziologie)

— eine soziologische Einstellung, ein s o z i o l o g i s c h e s V e r f a h -

r e n m u ß a n d i e S t e l l e d e s r e i n a b s t r a k t e n e b e n s o w i e

d e s r e i n g e s c h i c h t l i c h e n V e r f a h r e n s t r e t e n . Die iso-

lierende Abstraktion des individualistischen Verfahrens wird vom or-

ganischen Wirtschaftsbegriff „Mittel für Ziele“

2

dadurch überwunden,

daß die Mittel den ganzen gesellschaftlich-geschichtlichen Realgehalt

der „Ziele“ widerspiegeln.

In logischer Hinsicht ist Mengers Ansicht zurückzuweisen, daß nur

der Allgemeinbegriff Wissenschaft begründe, der Individualbegriff (der

Geschichte) dagegen nicht

3

. Falsch ist auch Mengers Ansicht, daß die

Volkswirtschaftslehre eine „exakte“ Wissenschaft wie die Physik sei

4

.

In ihrer geschichtlichen Stellung sind die beiden geschichtlichen

Schulen der Volkswirtschaftslehre als ein gesunder Rückschlag gegen die

dürre, atomistische Art des manchesterlichen Individualismus hoch ein-

zuschätzen. Andererseits hat die jüngere geschichtliche Schule, vom

positivistischen und „induktiven“ Geiste überwältigt, alles begriffliche

Denken so sehr vernachlässigt, daß die deutsche Volkswirtschaftslehre in

der Theorie dadurch auf einen traurigen Tiefstand herabsank.

Aus dem Schrifttum zur Verfahrenfrage

5

:

Carl Menger: Untersuchungen über die Methode der Sozialwissenschaf-

ten und der politischen Oekonomie insbesondere, Leipzig 1883.

Gustav Schmoller: Zur Methodologie der Staats- und Sozialwissenschaf-

ten, in: Jahrbuch für Gesetzgebung, Verwaltung und Volkswirtschaft

im Deutschen Reiche, Jg 7, Leipzig 1883.

Carl Menger: Die Irrtümer des Historismus in der deutschen National-

ökonomie, Wien 1884. (Mengers Antwort!)

Gustav Schmoller: Artikel Volkswirtschaft, Volkswirtschaftslehre und

-methode im Handwörterbuch der Staatswissenschaften, Band 8,

3.

Auflage, Jena 1911.

1

Vgl. oben unter Smith und Ricardo, siehe S. 112 ff.

2

Siehe unten S. 220.

3

Vgl.: Kämpfende Wissenschaft, Jena 1934, S. 141 ff.

4

Vgl.: „Unquantifizierbarkeit“, oben S. 104, S. 112, und öfter.

5

Vgl. auch unten S. 254 f.