Table of Contents Table of Contents
Previous Page  682 / 9133 Next Page
Information
Show Menu
Previous Page 682 / 9133 Next Page
Page Background

196

[171/172]

mit einer Nähmaschine, statt der Unterstützung mit einem Geldbetrag). /

2.

E i n t e i l u n g

Hieraus ergibt sich eine Einteilung der Sozialpolitik. Man kann unter-

scheiden:

1. Die auf den Arbeitsertrag und die Arbeitsbedingungen gerichtete

Sozialpolitik, z. B. Maximalarbeitstag, Pausen, Sonntagsruhe, Kinder- und

Nachtarbeit, Kündigungsfristen, Zwangs Versicherung der Arbeiter gegen

Krankheit, Unfall, Invalidität, Alter, Verwaisung, Arbeitslosigkeit,

Mutterschaft usw. (Die Zwangsversicherung schuf Bismarck in den achtziger

Jahren. Diese Riesenreform wäre nicht möglich gewesen ohne die

entsprechende Beeinflussung der öffentlichen Meinung durch die

„Kathedersozialisten“.)

2.

Die auf die Erhöhung des Wertes der Arbeitskraft gerichtete So-

zialpolitik (gewerbliche Fortbildung, fachlichen Unterricht, Förderung von

Talenten, Stipendienwesen und dergleichen).

3.

Die auf die Familie und Erziehung gerichtete Sozialpolitik (Be-

rufsvormundschaft, Fürsorgeerziehung, Jugendgerichte)

1

.

4.

Die auf den Verbrauch gerichtete Sozialpolitik (Wohnungspolitik,

Arbeitergärten, hauswirtschaftliche Belehrung und Volksbildung [z. B. Kampf

gegen den Alkohol], Verbrauchsgenossenschaften).

5.

Die Heranziehung der Bürger zur Steuerleistung in einem die be-

nachteiligten Gruppen fördernden Sinne, Festsetzung eines steuerfreien

Existenzminimums, die progressive, das heißt mit der Größe des Eigentums

verhältnismäßig ansteigende Belastung des Einkommens und Vermögens,

Wertzuwachssteuer, bei indirekten Steuern Rücksichtnahme auf die

verschiedene Belastung, welche das Budget des Armen und Reichen durch sie

erfährt (Beachtung des E n g e l s c h e n u n d S c h w a b e - s c h e n

G e s e t z e s

2

) .

6. Die Förderung der Organisierung bedrängter Gruppen: Gewerk-

schaften, Einigungsämter.

Das Armen- und Unterstützungswesen, Rettungswesen und sonstige

Hilfeleistung in akuten und hoffnungslosen Fällen (z. B. Krankenhäuser,

Krüppelfürsorge usw.) bildet dagegen, wie oben dargelegt, die Grenze, wo die

rationelle Sozialpolitik mehr in persönliche Unterstützung und bloße

Humanität übergeht.

Eine andere Einteilung der Sozialpolitik ist die nach den Elementen der

Ausgliederungsordnung und der geführten Stellung in ihr. Doch kann hier

nicht darauf eingegangen werden

3

.

1

Vgl. mein

Buch:

Die Erweiterung der Sozialpolitik durch die Berufs

Vormundschaft,

Tübingen 1912.

2

Vgl. oben S. 185.

3

Vgl. mein Buch: Der wahre Staat, 4. Aufl., Jena 1938, S. 71, 200

ff.

und 210

ff.; ferner: Die Krise der Sozialpolitik, in: Kämpfende Wissenschaft, Jena 1934,

S. 19 ff. — Ferner: Walter Heinrich: Das Ständewesen (1932), 2. Aufl., Jena

1934, S. 246 ff.; Die soziale Frage, Jena 1934.