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der Befriedigung minder hoch angeschlagen als ein vorangehender.. (von
Wieser). Jener Nutzen nun, den die z u l e t z t verzehrte Teilmenge noch
stiftet, heißt Grenznutzen. (Der Ausdruck stammt von Wieser; Menger hatte
hierfür noch keinen eigenen Namen gebraucht.) Würde z. B. die erste
Bedürfnisbefriedigung eines Durstigen (das erste Glas Wasser) mit 10
veranschlagt, dann wäre die zweite (das zweite Glas Wasser) etwa mit 9, die
dritte mit 8, die folgenden mit 7, 6, 5 und so fort zu veranschlagen. Je größer
daher der Vorrat eines Gutes, um so kleiner ist die letzte Nutzung, der
„Grenznutzen“. — Hierzu kommt das „Gesetz des Ausgleichs der
Grenznutzen“, auch „zweites Gossensches Gesetz“ genannt. Darnach werden
nicht einzelne Bedürfnisse zu Ende befriedigt und andere gar nicht, sondern
alle werden an einem bestimmten Punkte so abgebrochen, daß bei allen
Bedürfnissen ein gleicher Sättigungsgrad erzielt wird. Wäre z. B. I. das
Nahrungs-, II. das Kleidungs-, III. das Wohnungs-, IV. das
Unterhaltungsbedürfnis, so ergäbe sich folgendes Bild:
I
II
III
IV
10
9
8
7
9
8
7
8
7
7
Diesen Grundtatsachen entsprechend erklärt Menger den Grenznutzen als
maßgebend für die Güterschätzung. Denn mit dem V e r l u s t einer
Teilmenge verzichtet man nur auf die wenigst wichtige Nutzung, auf den
Grenznutzen, nicht auf die wichtigeren Nutzungen: Die G ü t e r w e r d e n
n a c h d e m G r e n z n u t z e n g e s c h ä t z t . — Hiermit ist die
Werttheorie
1.
als N u t z w e r t l e h r e begründet, im Gegensatze zur Kostenwert-
theorie der Klassiker;
2.
als s u b j e k t i v e Werttheorie, weil die Bedürfnisbefriedigung ein
subjektives Verhältnis zu den Gütern darstellt, gegenüber den objektiven
Kosten (z. B. Arbeitsmengen, Geldsummen);
3.
als / p s y c h o l o g i s c h e Theorie, da der Verlauf der seelischen
Bedürfnisbefriedigung ihre Grundlage bildet.
Die Grenznutzenschule hat ein vollständiges Begriffsgebäude nicht
errichtet, da Menger an der Fortführung seiner Lehre verzweifelte, seine
Schüler aber nur einzelne Lehrstücke entwickelten. (Wiesers Versuch gelangte
nicht zur Klarheit.) — Im folgenden die Hauptlehren der Schule.
β . D i e P r e i s l e h r e
Der Preis bei freiem Wettbewerb und auf einem idealen Markt bildet sich
auf Grund ganz verschiedener subjektiver Wertschätzungen des verlangten
Gutes durch die verschiedenen Käufer, des angebotenen Gutes durch die
verschiedenen Verkäufer. Handelt es sich z. B., so sagen Böhm- Bawerk und
Philippovich im engen Anschlusse an Menger, um zehn Pferde gleicher Güte,
und haben wir auf der Seite der Käufer die Wertschätzungen: 10
9 8 7 6 5 4 3 2 1
auf Seite der Verkäufer:
1 2 3 4 5 6 7 8 9
10,
dann werden nur die ersten 5 Paare zum Tausche kommen, nämlich die
zahlungskräftigsten Käufer (mit den höchsten Wertschätzungen der Ware),
und die billigsten Verkäufer (mit den niedersten Wertschätzungen): der