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3. Wenn überhaupt, so kann das Gossensche Gesetz nur bei i s o l i e r t e r

Betrachtung e i n z e l n e r Bedürfnisse (zum Teil) gelten. Aber in Wahrheit

gibt es keine isolierte Befriedigung einzelner Bedürfnisse. Daher ist auch das

„zweite Gossensche Gesetz“ falsch. Der Reisende z. B., dem das erste Glas

Wasser das Leben rettete und dem das zehnte schon wertlos wäre, weil er

seinen Durst vollkommen gestillt hat (dies einmal angenommen), würde

dennoch weitere zwei Glas Wasser nicht als wertlos liegen lassen, weil er

andere Genußziele damit erreichen kann, z. B. sich selbst zu reinigen oder

seinen Maulesel damit zu tränken (was auch für ihn ein Bedürfnis befriedigt,

wenn er den Esel gern hat) oder damit Suppe zu kochen (das heißt, das Wasser

als Vorstufe in das Genußgut Suppe behandeln). Daher gilt

4.

: Auch wenn der Reisende beim 5. Glase (mit dem Werte „6“) abbräche,

könnte das 6. für den Esel verwendet, den Wert „9“ haben: Der „Ausgleich des

Grenznutzens“ wäre hinfällig. Auch wird jemand, der hungern muß, aber

genügend Wasser hat, den Durst bis zu „0“ stillen, den Hunger aber z. B. nur bis

zu „9“. Ebenso wird z. B. ein musikalisch begabter junger Mann, der sich als

Schreiber sein Brot verdienen muß und tief unglücklich darüber ist, daß er

seine musikalischen Gaben nicht ausbilden kann, etwa durch eine kleine

Erbschaft, die ihm aufs knappste ein Studium an der Musikschule ermöglicht

(wobei er aber noch mehr hungern muß als bisher!) — sehr glücklich, ja

geradezu dem Leben zurückgegeben werden. Dieser Zuwachs kann ihm

geradezu die Krone des Lebens bedeuten, trotzdem er von den dringlichen

Nahrungsbedürfnissen gegenüber früher noch viel abhandeln mußte.

Alle diese Beispiele zeigen, daß die Zuwüchse größeren Nutzen stiften

können als die vorherigen Aufwendungen. Das Gossensche Gesetz trifft daher

nicht zu, weder das erste noch das zweite. — Das gleiche trifft sich im Bereiche

der Erzeugungsmittel. Das Tränken des Esels im Falle / des Reisenden kann

diesem seine ganze Habe retten. Ein Waldgut, das einen kleinen Bach besitzt

und mit Wasser genügend versorgt ist, kann trotzdem an Wert um ein

Mehrfaches zunehmen, wenn der Bach plötzlich zu einem flößbaren Flusse

wird und dadurch das Holz der entfernteren Waldgebiete des Gutes erst

nutzbar gemacht werden kann! Und ganz allgemein gilt: ü b e r a l l , w o d a s

O p t i m u m d e r A u f w e n d u n g e n n o c h n i c h t e r r e i c h t i s t ,

m ü s s e n d i e Z u w ü c h s e g r ö ß e r e n N u t z e n s t i f t e n . Alle

Optima sind aber nun verhältnismäßige, nie absolute

1

.

Wenn aber das erste und damit auch das zweite Gossensche

1

Siehe oben S. 85 ff. — Der Gegeneinwand, das Gossensche Gesetz sei

„statischer Natur“, verfehlt den Streitpunkt, denn zweifellos behauptet es die

abnehmende Nutzgröße der Z u w ü c h s e — u n d e b e n d i e s e

B e h a u p t u n g i s t f a l s c h ! Daher sind auch die jüngsten Versuche, beim

Universalismus eine Anleihe zu machen und vom „ G e s a m t n u t z e n “ oder

einer „ p r o d u k t i v e n

G e s a m t k o m b i n a t i o n “

auszugehen,

unlogisch. Zu Ende gedacht, führen sie zum Begriffe der Ganzheit und ihren

Kategorien, heben den Grenznutzen auf, widersprechen dem

subjektivistischen Systemgedanken des Grenznutzens.