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Gesetz fällt, das „Gesetz des Ausgleichs der Grenznutzen“ (das ebenso
falsch ist wie seine Entsprechung bei Ricardo, das „Gesetz des Ausgleichs
der Profite“), dann fällt der Grenzgedanke überhaupt: Es g i b t n u n
k e i n M a ß d e s N u t z e n s m e h r ! Denn wenn die Nutzungsreihe
der Güter nicht stetig abnimmt, z. B. nicht: 10, 9, 8, 7 ... zeigt, sondern ganz
unregelmäßig, z. B.: 10, 9, 8, 1 2 . . . (falls derartige größenmäßige Ansätze
überhaupt zulässig wären), so ist es klar, daß man nach der letzten Größe
(12) nicht mehr r e c h n e n könne; noch weniger, wenn b e s t i m m t e
Größenansätze, nämlich bei unverbrauchlichen Gütern, unmöglich seien.
Das alles heißt: Die G ü t e r w e r d e n n i c h t n a c h d e m
G r e n z n u t z e n g e s c h ä t z t .
c.
Die atomistische Natur der Bedürfnis- und Preislehre
Der Begriff des Grenznutzens enthält zwar ein organisches Element,
insofern, als der Wert eines Gutes vom andern nicht unabhängig ist, jedoch
wurde dieser Gesichtspunkt nicht verwertet. Menger nimmt vielmehr einen
Atomismus der einzelnen Bedürfnisse und der einzelnen Wirtschafter zum
Ausgangspunkt und läßt die Wirtschaft aus deren einzelnen Schätzungen
z u s a m m e n g e s e t z t werden. Gegen ihn gilt daher alles, was man gegen
die Lehre vom „Ordre naturel“ und die Lehre vom Eigennutz einwenden muß
1
.
d.
Der atomistische Marktbegriff
Unrichtig ist auch der atomistische M a r k t b e g r i f f des Zusammen-
treffens der Wirtschafter, unrichtig daher auch das „ G e s e t z d e r
G r e n z p a a r e “ selbst. Der Preis setzt sich nicht aus den subjektiven
Wertschätzungen Einzelner zusammen und er setzt sich insbesondere nicht als
„Gleichgewichtspreis“, das wäre, nach dem oben
2
angegebenen / Beispiel,
zwischen 5 und 6 fest, sondern er müßte sich (wenn schon eine derartige
Grundlage angenommen würde) zwischen 0 und 1 festsetzen. Denn die
Verkäufer und die Käufer sind keine atomistische Masse, sondern gegliedert,
das heißt, die Käufer haben die Führung, und die Verkäufer haben in der
arbeitsteiligen Wirtschaft in der Regel nur eine der Null zustrebende
Wertschätzung für ihre Güter. Was soll z. B. ein Gestüt mit seinen
überflüssigen Pferden machen?
3
e.
Wert der Kostengüter
Auch die eindeutige Ableitung des W e r t e s d e r K o s t e n g ü t e r v o n
d e m d e r G e n u ß g ü t e r ist unrichtig und beruht ebenfalls auf
1
Vgl. oben bei Quesnay und Smith, S. 59 f. und 75 ff.
2
Siehe oben S. 201 f.
3
Eine Kritik der Preisformel Böhm-Bawerks in meinem Buche: Fun-
dament der Volkswirtschaftslehre, 4. Aufl., Jena 1929, § 19. Vgl. ferner zur
ausführlichen Kritik des gesamten Grenznutzens mein Buch: Tote und
lebendige Wissenschaft, 4. Aufl., Jena 1935, S. 160 ff.