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(Frachtwesen, Verkehr) vor Stoffreife (das heißt Verkehr vor technischer
Erzeugung in Gewerbe und Landwirtschaft); Leistung vor Preis.
Für die Stufen gilt der Vorrangsatz: Die höhere Stufe ist vor der niedern.
Dazu ist zu bemerken, daß der Vorrang der höheren Stufe das
verhältnismäßige E i g e n l e b e n der niederen nicht ausschließt, sondern
vielmehr fordert. Dieses Eigenleben bedeutet insbesondere in der Volks-
wirtschaft v e r h ä l t n i s m ä ß i g e S e l b s t v e r s o r g u n g („Autarkie“).
Auch dem Gaue, Geschäftszweige (Verbande, Stande), dem Betriebe,
Haushalte kommt wesensgemäß je eine verhältnismäßige Selbstversorgung zu.
c.
Wert- und Preislehre
In der Wert- und Preislehre tritt nun an die Stelle des Begriffes der
M e n g e (sei es von Arbeitsstundengehalt der Güter [Ricardo, Marx] oder von
Nutzungen [Menger]) der Begriff des sinnvollen Enthalten- / seins der
Leistungen (oder Güter), das heißt der Begriff der sinnvollen
G l i e d h a f t i g k e i t . Der Hauptgrundsatz für die Wert- und Preisbildung
ist daher für das ganzheitliche Denken, daß Wert und Preis sinnvoller
A u s d r u c k des Gliederbaues der Leistungen sind (also nicht der
Grenznutzen Wert und Preis bestimmt, trotzdem Leisten allerdings mit
Nutzen im weitesten Sinne zusammenfällt). Grundlegend ist da zuerst die
Erscheinung der G l e i c h w i c h t i g k e i t o d e r Ä q u i p o l - l e n z ,
welche besagt, daß für einen bestimmten Leistungsstand eines Gebildes (z. B.:
eine Fabrik erzeuge x Güter jeden Tag) jede einzelne Leistung gleich
unentbehrlich sei
1
. Dies so im Gliederbau der Leistungen entstehenden
äußeren Maßverhältnisse (z. B. x Drehbänke: y Rohstoffe: z Arbeiter) sind aber
deswegen für die Preisbestimmung nicht allein entscheidend, weil in allen
Gütern unverbrauchliche Leistungen, z. B. Erfinderleistungen, enthalten sind,
die 1. nicht quantifiziert werden können und 2. infolge ihrer
Unverbrauchlichkeit zwar n i c h t v e r g ü t e t w e r d e n m ü s s e n ,
w o h l a b e r v e r g ü t e t w e r d e n k ö n n e n . Dadurch wird der Preis
verhältnismäßig unbestimmt, also mathematisch nicht eindeutig bestimmbar!
In diesem Sinne sind zuletzt alle Preise u n r e c h e n b a r
2
und alle streng
quantitativen Preistheorien falsch. Dem entspricht die Veränderlichkeit und
E i n m a l i g k e i t der Preise in der Erfahrung
3
.
Das gliedhafte Enthaltensein der Leistungen ist ferner entweder ein
r i c h t i g e s o d e r u n r i c h t i g e s („gute“ Wirtschaft oder „Mißwirt-
schaft“); der Preis entweder ein richtiger oder unrichtiger Ausdruck des
Gliederbaues der Wirtschaft; endlich folgt daraus: der richtige Ausdruck des
richtigen Gliederbaues der Wirtschaft ist der gerechte Preis. Hiermit erhält der
Preis ein sittliches und überindividuelles Gepräge. Die Preisbildung ist von
grundsätzlich anderer Natur wie bei Smith, Ricardo und Menger.
1
Siehe oben S. 63 und öfter.
2
Siehe oben S. 104 und 219.
3
Vgl.: Tote und lebendige Wissenschaft, 4. Aufl., Jena 1935, S. 278 ff.