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237

durch die Geldschöpfung veranlaßten Wirtschaftsvorgänge liegen: Frucht-

barkeitsdeckung

1

!

d.

Die Lehre vom Wechselkurs oder von

der Bildung des äußeren Geldwertes

Ein Streitpunkt aller Gelderklärungen ist der Preis des eigenen Geldes auf

dem fremden Markte, der Wechselkurs. Zwei Theorien beherrschen

gegenwärtig die Erörterung, die Zahlungsbilanztheorie und die

Kaufkraftstheorie.

/

α Die Z a h l u n g s b i l a n z t h e o r i e

2

Die metallistische Denkweise will das Geld wie eine Ware behandeln und

knüpft daher den Goldpreis (den Wechselkurs) unmittelbar an Angebot und

Nachfrage der auf auswärts lautenden Wechsel, der sogenannten Devisen.

Diese hängen aber vom Stand der Zahlungsbilanz ab. Die Bildung der

Wechselkurse vollzieht sich markttechnisch etwa so: Hat ein Berliner

Kaufmann einem Wiener Kaufmann Waren geliefert, so zieht er auf letzteren

einen Wechsel, den er an der Berliner Börse vor der Fälligkeit an solche zu

verkaufen („diskontieren“) sucht, die nach Wien Zahlungen zu leisten haben;

denn es ist bequemer und billiger, einen Wechsel zu senden als Bargeld.

(Ebenso umgekehrt: ein Wiener Kaufmann, der nach Berlin liefert, zieht auf

Berlin und verkauft den Wechsel an der Wiener Börse solchen, die nach Berlin

Zahlungen zu leisten haben.) Sind nun auf Grund von Berliner

Warenlieferungen (oder Leistungen und sonstigen Forderungen) mehr auf

Wien lautende Wechsel an der Berliner Börse vorhanden als dort Zahlungen

nach Wien zu leisten sind, das heißt, ist die Wiener Zahlungsbilanz im

Verhältnis zu Berlin ungünstig, so ist die Nachfrage nach diesem

Zahlungsmittel kleiner als das Angebot, der Kurs sinkt; und entsprechend:

Wien hat dann mehr Zahlungen nach Berlin zu leisten als dort Wechsel auf

Berlin liegen, deren Preis muß daher in Wien steigen. Von Wien, das mehr zu

zahlen (Wechsel einzulösen) hat als Berlin, wird Bargeld hinausströmen.

Bargeld, denn sobald der Wechselkurs höher steigt, als die Versendung von

Gold kostet („Goldpunkt“), wird der Kaufmann durch Barsendungen zahlen. —

Steht aber, wie in jedem Lande mit Papierwährung, kein Gold zur Verfügung,

so kann der Kurs unaufhaltsam weitersteigen — die Währung ist dann

erschüttert, sie hat ein Aufgeld (Agio oder Disagio) erlitten, das heißt, man

muß die fremden Wechsel (welche Zahlungsmittel ins Ausland sind — damit

alle Zahlungsmittel ins Ausland, vor allem aber das G o l d ) höher bezahlen,

als dem metallischen Wertverhältnis der beiden Wäh-

1

Vgl. auch oben S. 46 ff.

2

Vgl. George Joachim Goshen: The Theory of the Foreign Exchanges

(1861), 16. Aufl., London 1898, deutsch von Stöpel: Theorie der auswärtigen

Wechselkurse, Frankfurt am Main 1875, Neudruck Berlin 1915; auf ihm hat

die neuere metallistische Lehre weitergebaut. — Vgl. auch Thomas Tooke and

William Newmarch: A History of Prices and of the State of the Circulation

from 1793 to 1856, 6 Bde, London 1838—1857, deutsch von C. W. Asher: Die

Geschichte und Bestimmung der Preise, 2 Bde, Dresden 1858—1859.