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Es gibt keine Wirtschaft, deren Gliederbau ständig derselbe („be-

harrend“ oder „statisch“) bliebe; stets findet durch Änderung der

Bevölkerungszahl, Änderung der Technik, der Rohstofflager, des Kapitals

höherer Ordnung, der Wirtschaftsziele, des Bedarfs und so fort sowie

durch Änderung der Gliedhaftigkeit eines Wirtschaftsgebildes in seinen

höheren Gebilden eine Umgliederung („Dynamik“) der Wirtschaft statt.

In jeder Umgliederung sind jedoch notwendig zwei Elemente

enthalten: die Ausbildung und erhöhte Geltung der neu zu entwickelnden

Wirtschaftsbestandteile einerseits, die Rückbildung oder Ausscheidung der

alten andererseits. Diese Rückbildung heißt im Hinblick auf die Störung

der Wirtschaft, die in ihr liegt, „Krise“, in welchem Sinne Ausbildung

heißt aufsteigende Marktlage oder „Konjunktur“. Hieraus folgt: 1. daß es

keine / Krise a l l e r Wirtschaftszweige und keine „allgemeine

Übererzeugung“ geben kann, und daß man je nach den betroffenen

Wirtschaftszweigen die Krisen einteilen kann (landwirtschaftliche,

gewerbliche, Börsen- und Spekulationskrisen und dergleichen); 2. daß es

aber Umgliederungen der Wirtschaft geben kann, in denen plötzlich auf

sehr vielen Gebieten starke Rückbildungen (Brüche) eintreten. Diese

Brüche oder Wendungen nennt man Krisen im engeren Sinne. Sie werden

namentlich dann eintreten, wenn die Gliedstellung der Volkswirtschaft in

der Weltwirtschaft geändert wird, wie insbesondere nach Kriegen (Krisen

nach den napoleonischen Kriegen, nach 1870, nach 1918). Diese Krisen

sind, wie sich zeigen wird, Stufenkrisen.

Als die wichtigsten Krisentheorien kann man unterscheiden:

(1)Die Ü b e r e r z e u g u n g s l e h r e (Sismondi, Malthus). Ihr Grund-

gedanke ist, daß die Steigerung der kapitalistischen Erzeugung nicht von einer

entsprechenden Kaufkraftvermehrung der Arbeiter begleitet wird, so daß der

Überschuß nicht abgesetzt werden kann. — Diese Lehre ist falsch. Es gibt

keine a l l g e m e i n e Übererzeugung.

(2) Die T h e o r i e d e r A b s a t z w e g e (théorie des débouchés) von

Jean Baptiste Say. Nach ihr entsteht kein Angebot ohne Nachfrage, da vom

Erzeuger stets eine Nachfrage nach anderen Gütern ausgeht. Es gibt daher

keine allgemeine Übererzeugung. — Say hat damit einen an sich richtigen,

aber allein nicht ausreichenden Gedanken entwickelt: Der Anbieter kann

einseitige Nachfrage entwickeln und damit die Entsprechungen der Wirtschaft

stören.

(3)

Die U n t e r v e r b r a u c h s l e h r e . Sie entwickelt denselben Ge