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zurückreicht, als diese Zeugnisse uns führen könnten

1

. Indessen,

sie unterstützen doch kräftig, was sich aus der begrifflichen Un-

möglichkeit einer Entwicklung des Höheren aus dem Niederen,

aus dem Wesen der Entfaltung, die nur aus einem schon Gegrün-

deten erfolgt, und aus dem Geheimnisvollen aller ersten Entstehung

ergab.

Indessen kommt zu allem Gesagten noch als ein Gewichtiges

hinzu, daß das Erstentstandene seinem Ursprung näher sei. Wohl

bleibt die erste Entstehung ein Geheimnis. Was aber aus seinem Ur-

sprung heraustritt, hat noch den Flaum und Schimmer des früheren

Zustandes an sich. Es lebt gleichsam noch in seiner vorgeburtlichen

Welt, im Vorsein. (Selbst bei der Materie zeigt der chemische Status

nascendi eine erhöhte Verbindungskraft, also erhöhtes Sein). Und

was könnte diese Welt des Vorseins bei einem Geistwesen, dem

Menschen, anderes sein als: das Leben in Rückverbundenheit, in

höchster Rückverbundenheit! Und eben dieses ist der mystisch-

ekstatische Zustand, in welchem Gott in der Seele und die Seele in

Gott sich befindet. Wie auch Platon sagt, daß die Alten der Gott-

heit noch näher gewesen seien.

Aus eben derselben Quelle mystischer Erfahrung rührt die Sage

vom goldenen Zeitalter her, welche den Menschen im inneren Licht

seines vollkommenen Wesens sah.

Die naturalistische Vorstellung dagegen, daß der neu ins Leben

getretene Mensch aus der Tierheit komme, daher erst durch sinnliche

Eindrücke und Erfahrung sich selbst und die Welt habe kennen

lernen müssen, vergißt, daß aus sinnlichen Eindrücken niemals Ge-

danken, Geist, mystische Erfahrung kommen könnten.

Zu dem Zustand mystischer Ekstase gehört auch das ekstatische

Schauen aller Dinge. Und daraus erfolgt eine Art des Erkennens,

welche nicht der mühsamsten Aneignung sinnlicher Eindrücke be-

darf, sondern sich der Welt wie mit e i n e m S c h l a g zu be-

mächtigen vermag. „Schläft ein Lied in allen / Dingen — Die da

träumen fort und fort — Und die Welt hebt an zu singen —

triffst du nur das Zauberwort“ — an diese Worte Eichendorffs

möge man sich erinnern, um den, die Weltwesenheiten schauenden

1

Von Zeugnissen aus allerältesten Urkulturen sprechen wir später noch, siehe

unten S. 357.