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Wissenschaften liegt es fast so klar am Tage wie in der Kunst. Aber

auch in der Philosophie, welche fälschlich für einen Tummelplatz

willkürlicher Deduktionen gehalten wird, sehen wir das gleiche. In

den Naturwissenschaften ist besonders der Versuch jener geistige

Ort, an dem die Eingebung unentbehrlich ist. Einige wenige Hin-

weise mögen dies erläutern.

P l a t o n bezeugt im siebenten Briefe, daß sein Begriff der „Idee“

auf Eingebung zurückgehe, indem er das Erfassen dieses Begriffes

einem „springenden Feuer“ vergleicht.

Des A r i s t o t e l e s Lehre vom „unbewegten Beweger“ (um

nur dieses Beispiel anzuführen) stellt sich von selbst als Genieblitz

dar.

K a n t wurde, wie er selbst bekennt, durch Hume aus seinem

„dogmatischen Schlummer“ geweckt. Er sah ein, daß die damalige

Wolffische Philosophie durch ihre metaphysischen Begriffe — an-

geborene Ideen, Gott, Freiheit, Unsterblichkeit — der guten Sache

keinen vollwertigen Dienst leiste, indem sie sie einfach hinstellte,

ohne ihren Widerstreit mit der kausalistisch-mechanistischen Welt-

betrachtung zu beachten. Diese Begriffe zu retten, gelang ihm durch

die großartige / E i n g e b u n g , daß es angeborene Formen,

Stammformen des Verstandes gebe, welche unser Denken von den

wechselnden Inhalten der Erfahrung unabhängig zu machen im-

stande seien. Nicht angeborene Ideen also (mit bestimmten Inhal-

ten), wohl aber apriorische F o r m e n des Denkens und damit ein

Apriori der Sittlichkeit (das „Gewissen“, der „kategorische Impe-

rativ“) — dieses Formale blitzte ihm als ein sicherer Besitz des

menschlichen Geistes auf, der ihn über die Natur und deren Kau-

salmechanismus emporhebt.

F i c h t e blitzte es auf, daß die von Kant nur nebenbei ge-

nannte „Spontaneität“ des Bewußtseins eine aus allen anderen Er-

scheinungen der Erfahrung herausragende Tatsache sei. Er erfaßte

in einer gewaltigen Eingebung diese Tatsache als S e l b s t a n -

s c h a u u n g d e s l c h , als „intellektuelle Anschauung“ (was eben

soviel wie Eingebung heißt) getreulich auf und entwickelte daraus

den Begriff der Selbstsetzung, ferner, was ganz neu war und eine

neue Eingebung erforderte, der Selbstentgegensetzung

1

. Erst durch

1

Siehe oben S. 25 und 31.

3 Logik