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der sogenannte V o l u n t a r i s m u s , der die assoziierten Vorstel-

lungen durch den Willen zum Denken werden läßt.

Alle diese und ähnliche, mit ihnen verwandte Lehren, wie unter

anderem die oben berührte „Denkpsychologie", enthalten eine

grundsätzliche Trennung des Gedankens vom Sein des Gegenstan-

des, der Wirklichkeit. Wir können sie als A b b i l d t h e o r i e n

im weiteren Sinne zusammenfassen. „Abbild" dabei weniger im

Sinne einer zeichnerischen Nachbildung des Gegenstandes durch

Empfindung und Vorstellung (wie sie z. B. durch die camera obscura

der Netzhaut nahegelegt wird), sondern vielmehr in bloß sinnbild-

licher oder repräsentativer oder entsprechungsmäßiger Bedeutung.

Die Empfindung des Reizes gibt nicht den Naturvorgang (z. B. der

Ton nicht die Luftverdichtung der Wellen) wieder. Und was man

denkt, braucht nach dieser Auffassung erst recht kein Sein zu haben,

vielmehr kann es sich ähnlich wie bei dem Gedanken „Flügelpferd“

(das es ja gar nicht gibt) bei jedem Gedanken verhalten: Es sind

Kombinationen von Vorstellungen, die wohl aus Reizen stammen,

aber als Kombinationen keinen Objekten entsprechen müssen. Die

Abbildtheorie kann zur Mayalehre, nach der alles nur Schein ist,

werden!

Darum ist auch die grundsätzliche Ablehnung des ontologischen

Gottesbeweises, welcher bekanntlich vom Begriffe Gottes auf sein

Dasein schließt, stets / ein Zeugnis für eine solche Erkenntnislehre,

die zuletzt auf Abbildtheorie hinausläuft.

Ebenso bezeugen alle Philosophen, die eine f o r m a l e L o g i k

ausbilden, eine auf Abbildtheorie hinauslaufende Erkenntnislehre,

weil nur dann die F o r m e n des Denkens vom Inhalte getrennt

werden können.

Schon bei A r i s t o t e l e s findet sich der Vergleich der Seele mit

einer leeren Tafel, auf welche die Sinnesreize ihre Eindrücke schrei-

ben (aber bei Aristoteles steht dem die andere Lehre entgegen, daß

die Seele alle Formen in sich habe

1

. Die S t o a gebrauchte den

Vergleich von Siegelring und Wachsabdruck, wodurch die Wahrneh-

mung und Erkenntnis bezeichnet sein soll. Ähnlich die Scholastik,

namentlich die N o m i n a l i s t e n , welche den Vergleich mit der

leeren Tafel gebrauchten. Ebenso L o c k e , H u m e , der gesamte

1

1

Siehe oben S. 11.