Table of Contents Table of Contents
Previous Page  7454 / 9133 Next Page
Information
Show Menu
Previous Page 7454 / 9133 Next Page
Page Background

44

[56/57]

Empirismus, Positivismus und auch der Rationalismus, wie oben be-

rührt (das heißt, sofern er nicht „angeborene Ideen“ annimmt,

worüber sogleich mehr). In K a n t e n s Lehre lag eigentlich die

Ablehnung der Abbildtheorie, insofern es das Apriori ist, welches

die Gegenstände gestaltet. Da aber nach Kant das Sein, die Realität,

selbst nur eine (subjektive) Kategorie ist, kommt das nicht voll zur

Geltung. Kant selbst war hier schwankend und vertrat sogar eine

formale Logik, wie er denn auch den ontologischen Gottesbeweis

ablehnte — beides liegt im Sinne einer Abbildtheorie.

Auch L o t z e mit dem tragenden Begriffe der „ G e l t u n g “

nimmt eine unklare Stellung ein und zeigt in Anbetracht seiner Her-

leitung des Denkens von der Vorstellung und den Sinneseindrücken

zuletzt einen grundsätzlichen Einschlag von Abbildtheorie. Noch

entschiedener die N e u k a n t i s c h e S c h u l e , welche / ja Kant

in mehr als einem Punkte abschwächt

1

.

2.

Die idealistische Vereinerleiung von Denken und Sein

Es erscheint dem nicht-metaphysischen Denken von heute gerade-

zu verwunderlich, wie man die Einerleiheit des Gedankens und des

Seins behaupten könne, da doch z. B. „Flügelpferd“ deswegen noch

nicht existiere, weil man es denkt; wie denn auch Kant in einer be-

rühmten Wendung sagte, hundert gedachte Taler seien noch keine

wirklichen Taler.

Aber dieser gesunde Menschenverstand, so muß man sagen, ist

billig. Soviel wußten Platon und Hegel auch. Es handelt sich indes-

sen darum, tiefer zu blicken. Wird der Begriff nicht, wie es nur der

oberflächliche Empirismus vermag, aus Sinneseindruck, „Denköko-

nomie“ und ähnlichem erklärt, wodurch strenge Wahrheit unmög-

lich ist; wird vielmehr richtiges Denken, allgemeine Gültigkeit und

Wahrheit des Begriffes als möglich anerkannt — dann muß man

folgerichtigerweise eine innere Einheit, Einerleiheit, Identität des

Denkens und Seins irgendwie annehmen.

Wird Platons „Idee“ als Wesen der Dinge gefaßt, Aristoteles’

„Form“ (είδος), Fichtes „Ich“ (als absolutes verstanden), Schellings

„Absolutes“, Hegels „logische Idee“, aber auch Leibnizens „angebo-

rene Ideen“ — werden die Dinge nach dieser Art als Substanzen auf-

1

Vgl. oben S. 18.