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gefaßt, dann denkt der Begriff mit dem W e s e n der Sache auch
das wahrhaft S e i e n d e , das Wirkliche, dann denkt er grundsätz-
lich das A l l g e m e i n e u n d N o t w e n d i g e der Sache selbst;
dann aber beruht er auf der Einheit von Denken und Sein!
/
Allerdings bedeutet das nicht, daß der Begriff auf der Einerleiheit
mit der empirischen Existenz eines b e s t i m m t e n Dinges (z. B.
bestimmter hundert Taler) beruhe, wohl aber mit dem Wesenhaf-
ten, Ideenhaften, wahrhaft Seienden desselben. Im r i c h t i g g e -
b i l d e t e n B e g r i f f e d e s G e l d e s l i e g t b e s c h l o s s e n ,
d a ß e s G e l d g e b e (also Taler), im B e g r i f f e G o t t e s ,
d a ß e r s e i , daher der ontologische Gottesbeweis in Wahrheit
zwingend ist.
Nun erhebt sich die wichtige Frage, wie die Einheit und Einerlei-
heit von Denken und Sein, Begriff und Gegenstand hergestellt
werde. P l a t o n entwickelte die tiefsinnige Lehre der Wiederer-
innerung (άνάμνησις) an die von uns im Vorleben geschaute intelli-
gible Welt oder Ideenwelt, deren wir hienieden beim L e r n e n
wieder inne werden. Lernen sei daher — so müssen wir erläutern —
Erweckung der in uns latenten intelligiblen Wesenheiten, Ideen. —
Je tiefer man über das Wesen der Erkenntnis nachdenkt, um so un-
vermeidlicher stößt man auf diese Lehre, welche in mythischem Ge-
wande die unbedingte, einzig standhaltende Wahrheit ans Licht
bringt.
Nur eine andere, jedoch etwas naturalistisch gefärbte Form der-
selben Lehre ist die Theorie von den a n g e b o r e n e n I d e e n .
Da diese aber auf wenige beschränkt sind, z. B. Gott, Freiheit, und
erst einer Entwicklung an der Erfahrung bedürftig, war Kantens
Abschwächung auf formale, apriorische (also transzendental begrün-
dete) Kategorien zweifellos eine Verbesserung der Lehre von den
angeborenen Ideen. Ein weiterer Fortschritt war es, wenn F i c h t e
die Kategorien, das heißt also die Urideen, aus den Tathandlungen
des Ich selbst ableitete.
Einen noch weiteren Schritt vorwärts bedeutete S c h e l l i n g s
Naturbegriff, welcher besagte, daß in / der Natur dieselben Gedan-
ken lägen wie im menschlichen Geiste. Weshalb Schelling die große
Frage: „Wie kommt die Natur dazu, erkannt zu werden?“ (von der
sich die Empiristen nichts träumen lassen) dahin beantwortete: „Weil