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Aber, wie wir behaupten, nur scheinbar, denn in Wahrheit war es ein Kampf

gegen

eine

n a t u r w i s s e n s c h a f t l i c h e ,

e i n e

r e l a t i v i s t i s c h e

P s y c h o l o g i e , w e l c h e d e n W a h r h e i t s b e g r i f f , o h n e

d e n

k e i n e e c h t e L o g i k m ö g l i c h i s t , anfocht. Die naturwissenschaftliche

Psychologie jener Zeit mit ihren „Assoziationsgesetzen“ ging von kausalen Ver-

knüpfungen eines angeblichen „Vorstellungsablaufes“ aus, der schon das Denken

sein oder von dem es mindestens ausgehen sollte! Von da aus war es eigentlich

unmöglich, zum logisch r i c h t i g e n Denken zu gelangen, dessen Wesen zu

verstehen. Daher kam der krampf- / hafte Begriff der Logik als einer „Norm-

wissenschaft“, welche nicht sagt, was ist, sondern was geschehen s o l l .

Wie aber, wenn nicht nur die Logik, sondern auch die Psychologie selbst

„Normwissenschaft“ wäre? Dann hätte dieser Kampf keinen Sinn mehr! Lotzes

Bemühungen z. B., zu zeigen, wie eine vom Sinneseindruck sich ableitende „Vor-

stellung“ zur „Allgemeinvorstellung“ und endlich zum „Begriff“ werde (die All-

gemeinvorstellung wäre das „erste Allgemeine“, der Begriff das „zweite Allge-

meine"), sind nicht zu tadeln, weil sie „Psychologismus“ darstellen, sondern weil

sie auf f a l s c h e r Psychologie beruhen! Sobald die Psychologie nicht mehr

naturwissenschaftlich betrieben wird, ist sie die Lehre von der w e s e n s g e -

m ä ß e n Gestaltung der seelisch-geistigen Erscheinungen. Sie scheidet dann selbst

das Wesenwidrige vom Wesensgemäßen, ist also selbst „normativ“ — wie jede

Geisteswissenschaft! (Der Begriff der Gesellschaft z. B. will sowohl als ganzheit-

licher wie als individualistischer das W e s e n der geistigen Gemeinschaft der

Menschen darstellen — die reine Norm, das Wahre, Richtige des gesellschaft-

lichen Lebens, keineswegs das bloß Tatsächliche, geschichtlich Wirkliche oder Psy-

chologische!)

Der Gegensatz von Logik und Psychologie, richtiger Pneumatologie, verliert

damit seinen Sinn. Die L o g i k m u ß s t e t s a u s d e m G a n z e n d e r

P n e u m a t o l o g i e s c h ö p f e n ! Auch die neukantische Logik konnte ihren

Begriff des „Wertes“, der „Geltung“, der „Einheit in der Mannigfaltigkeit“ nur

aus ihrer G e i s t e s l e h r e , das ist Psychologie, nämlich der „transzendentalen

Synthesis“, dem Apriori der Kategorien und Anschauungsformen schöpfen. /

II. Die logischen Grundsätze

Am Beginn des Begriffsgebäudes der Logik stehen die alles Den-

ken gestaltenden Grundgesetze des Denkens, auch kurz logische

Grundsätze genannt. Wenn sie in den Lehrbüchern meistens erst in

der Lehre vom Schlusse entwickelt werden, so können wir das nur

in dem Sinne gelten lassen, daß sie in größeren Denkzusammenhän-

gen am deutlichsten zur Erscheinung kommen. In Wahrheit sind sie

aber bei jedem Denkakte schon am Werke, also auch im Begriffe und

im Urteil, der Entfaltung des Begriffes.

Die Logikwissenschaft enthält die innere zeitlose Geschichte des

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