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1.
Der Satz des Widerspruches (principium contradictionis), den
schon Aristoteles dahin formulierte: „Es ist unmöglich, daß dasselbe
demselben in derselben Beziehung zukomme und nicht zukomme“
1
.
Das heißt, wenn gilt: „A ist B“ (Der Kreis ist rund), kann nicht
gelten: „A ist nicht B“ (Der Kreis ist viereckig). Hievon abgeleitet
ist die „contradictio in adjecto“, das heißt Begriffsmerkmale, die sich
ausschließen, z. B. der viereckige Kreis, das hölzerne Eisen.
2.
Der Satz vom ausgeschlossenen Dritten (principium exclusi
tertii, als Formel: tertium non datur). Aristoteles sagt: „Inmitten
eines Widerspruches kann nichts liegen“
2
. Doch gilt der Satz nur von
sogenannten kontradiktorischen Gegensätzen (z. B. weiß — nicht-
weiß), welche Mittelglieder ausschließen (nicht von sogenannten
konträren, wo Mittelglieder möglich sind, z. B. geizig — verschwen-
derisch, in der Mitte liegt: mäßig). Darum heißt er auch Satz vom
ausgeschlossenen Mittleren: A ist entweder B oder non-B, was kon-
tradiktorisch entgegengesetzt ist, ein Mittleres oder Drittes ist aus-
geschlossen.
3.
Der Satz des zureichenden Grundes (principium rationis suffi-
cientis): Was gedacht wird, wird aus einem zureichenden Grunde
gedacht, oder: alles, was ist, ist nur aus einem zureichenden Grunde.
Dieser Satz wurde den vorherigen von Leibniz hinzugefügt als „loi
de la raison suffisante ou déterminante“.
/
A.
Die g a n z h e i t l i c h e L e h r e
1.
Die logischen Grundsätze
Wer die logischen Grundsätze der Einerleiheit, des Widerspruches
und alle die andern zum ersten Male kennen lernt, empfindet ein
ähnliches Entzücken wie der Wanderer zischen Klüften, der, plötz-
lich aus dem Dunkel heraustretend, sich zum ersten Male den schnee-
bedeckten Gipfeln der Bergriesen gegenübersieht. Ein Geheimnis
wird ihm offenbar, das doch ewig etwas Geheimnisvolles an sich
haben soll.
Im Rahmen der rein formalen Logik lassen sich die drei ersten
1
Aristoteles: Metaphysik, 4, 3, 13; vgl. auch 4, 5, 39,
2
Aristoteles: Metaphysik, 4, 7.