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kommen noch als unvollkommen, sondern alle diese Erscheinungen

s i n d schlechthin; sie sind dieser Denkweise folgerichtig nur Tat-

sachen, die genau „zu beschreiben“ seien, nicht mehr und nicht we-

niger..

In gleicher Art wirkte die mißliche Lehre von der angeblichen

Entstehung der Begriffe aus Vorstellungen, die ihrerseits wieder auf

Sinneseindrücke zurückgehen. Indem der Begriff nur das Gemein-

same dieser Vorstellungen sein soll, kann von Vollkommenheit und

Unvollkommenheit des Gegenstandes selbstverständlich nicht die

Rede sein. Der Begriff selbst ist hier nur ein Naturprodukt, der Ge-

genstand existiert im strengen Sinne gar nicht, denn: „Der Ding-

begriff wird in den Relationsbegriff aufgelöst.“

Anders die Denkweise, welche den Platonischen Ideenbegriff, den

Aristotelischen Formenbegriff oder den echten Ganzheitsbegriff zur

Grundlage hat. Überall, wo eine Ganzheit überhaupt erschwinglich

ist, das heißt, / wo ein sinnvoller Zusammenhang erkennbar wird,

zeigt sich ihr am G e g e n s t a n d e Vollkommenheit oder Un-

vollkommenheit: krank oder gesund am Organismus, wissend oder

unwissend, sittlich gut oder schlecht am menschlichen Geiste, ziel-

gültig oder nicht zielgültig, ergiebig oder unergiebig an der Wirt-

schaft, Richtiges hervorreizend oder verwahrlosend an der Organi-

sation und vieles ähnliches mehr, überall zeigen sich Vollkommen-

heit oder Unvollkommenheit des Gegenstandes und damit auch des

Begriffes an. Die Ausgliederungserfordernisse der Ganzheit sind es,

welche der Begriff mit dem reinen Wesen des Dinges zugleich er-

faßt, wodurch er das V o l l k o m m e n e f e s t s t e l l t , alle

Abweichungen aber als das Unvollkommene von selbst (ausdrück-

lich oder stillschweigend) kennzeichnet.

In diesem Sinne müssen wir sagen: die wahren Begriffe enthalten

die Dinge nicht wie sie sind, sondern wie sie sein sollen — in ihrer

Vollkommenheit.

Dem gegenüber kann die naturwissenschaftliche Begriffsbildung

selbstverständlich nicht schlechthin abgelehnt werden, soweit ein

sinnvoller Ganzheitszusammenhang, das heißt innere Ausgliede-

rungserfordernisse, nicht erkennbar sind. Aber die u n g a n z -

h e i t l i c h e B e g r i f f s b i l d u n g i s t d a n n n u r

e i n G r e n z f a l l . Die Theorie der Begriffsbildung, ja die ganze

Logik darauf zu gründen, wäre grundverkehrt und hieße, das