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Wahrheit noch vieles unter sich! Cäsar ist führendes Glied des Staates, des Hee-
res, der Sippe (er ist überdies geführtes Glied in Wissenschaft, Kunst, Religion
und anderem), Goethe ist ebenso führendes Glied in allen Bereichen geistigen
Lebens. Ähnlich, wenn auch nur im kleinsten Maßstabe, jeder, auch der ein-
fachste Mensch (z. B. in Sippe, Freundeskreis, Arbeitskunst und ähnlichem).
Nimmt man die Menschen g e i s t i g , so zeigt sich, daß der Einzelne k e i n
L e t z t e s sein könne, vielmehr stets sowohl ausgliederndes wie empfangendes
(eingegliedertes) Glied v i e l e r Gemeinschaften, vieler Ganzheiten notwendig
sein müsse; nimmt man sie aber bloß körperlich, so zeigt sich auch da, daß der
Einzelne als zeugend, vielerlei Tätigkeiten verrichtend und so fort kein absolut
Letztes sein könne. Ja, nimmt man einzelne Körper wie etwa das Mineral Nr. X
in der Sammlung Y, so zeigt es sich nicht als ein Allerletztes im Stufenbau der
mineralisch-physikalischen Welt; denn es ist in die mechanischen, optischen, che-
mischen Geschehnisse durch Gewicht, Glanz, Farbe, Verwitterung und ähnliches
verflochten. Alle diese Taten und Tatsachen fallen aber unter den Individual-
begriff! In der Lebensgeschichte Cäsars, Goethes, ja des Minerals sogar, ist ein
beträchtlicher Stoff dieser Art, ein großer „ U m f a n g “ dargestellt! Gewiß,
unter den Begriff „Römertum“ fallen viele Römer mit ihren Taten, ihrer Ge-
schichte, unter „Cäsar“ nur ein Römer — aber mit unzähligen Taten, unge-
heurer Geschichte. Auch der Individualbegriff hat also, will man diesen Begriff
einmal gebrauchen, „Umfang“. In seinen Begriff kann mehr fallen als in den
ganzer Sippen und Geschlechter!
Aus all den angeführten Gründen, vor allem aber infolge des
Grundsatzes der Mitgedachtheit, muß jede ganzheitliche Logik die
herkömmliche Lehre vom „Umfange“ der Begriffe und der „An-
zahl“ der Merkmale ablehnen, es sei denn, daß man sie u n t e r -
s t e l - / l u n g s w e i s e , als Hilfsbetrachtung, also im übertrage-
nenen Sinne, gebrauche. Man muß sich aber dessen bewußt sein, daß,
wo irgend die mengenhafte Betrachtung hervortritt, die rein logische
verlassen wurde. In übertragenem und volkstümlichem Sinne mag
man weiter vom Umfange der Begriffe reden, im logischen Sinne ist
das unmöglich. /
C.
Die s o g e n a n n t e S p h ä r e n l o g i k
Dieser unserer grundsätzlichen Ablehnung jeder Mengenhaftigkeit
gemäß halten wir auch die in der Schullogik übliche Verdeutlichung
der Begriffsverhältnisse durch K r e i s e , die sogenannte Sphären-
logik, für unannehmbar. Eine gewisse Plastik für die erste Einfüh-
rung ist ihr ja nicht abzusprechen, aber der Nachteil, daß sich der
Anfänger an eine äußerliche, mengenhafte, also unrichtige Betrach-
tungsweise logischer Dinge gewöhne, ist nun einmal vorhanden. Das
möge eine kurze Prüfung beweisen.