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Demnach unterscheiden wir nach diesem Einteilungsgrund die
Begriffe als solche:
(1)
mit nur g a n z h e i t s e i g e n e n Merkmalen, und zwar (a)
geistiger, (b) stofflicher Gegenstände; wir können sie auch
reine Begriffe nennen;
(2)
mit ganzheitseigenen und ganzheitsfremden Merkmalen.
Diese sind hauptsächlich die Begriffe organischer Wesen und
sogenannter psychophysischer Erscheinungen, hauptsächlich
der Sinnespsychologie und Physiologie angehörig. Wir nennen
sie auch übergreifende Begriffe, nämlich auf andere Seins-
bereiche übergreifend.
/
F.
Die A r i s t o t e l i s c h e L e h r e v o m a r t b i l d e n d e n
U n t e r s c h i e d e i m b e s o n d e r e n
Aristoteles erkannte bereits den ganzheitlichen Aufbau des Be-
griffs, indem er die Bildung eines Artbegriffes aus einem gegebenen
Gattungsbegriffe durch Hinzukommen eines „artbildenden Unter-
schiedes“ geschehen läßt
1
. Dieser artbildende Unterschied wurde in
der Scholastik als differentia specifica bezeichnet, übersetzt aus der
Aristotelischen
διαφορά ειδοποιός
.
Der Gattungsbegriff wird hier als genus proximum bezeichnet.
Darnach die scholastische Regel für die Begriffserklärung: definitio
fiat per genus proximum et differentiam specificam. Diese Lehre
sehen wir schon bei Plato vorbereitet
1 2
.
Bis heute gilt diese Regel der Begriffsbildung in der Logik (mit
Ausnahme des groben Empirismus).
Als wahr erkennen wir daran — außer der im allgemeinen ganz-
heitlichen Auffassung — die Tatsache, daß bei jeder neuen Stufe ab-
ändernde, konkretisierende Eigenschaften hinzukommen müssen. Es
wird aber
(1) nicht nur e i n neues Merkmal hinzugefügt, die „spezifische
Differenz“, sondern zugleich v i e l e A b ä n d e r u n g e n
d e r a l t e n M e r k m a l e (welche Abänderungen es erst
sind, die ihnen einen neuen Stufenwert verleihen);
1
Topik VI, 6.
2
Politikos, 285 a ff.