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Erweckung des intelligiblen Ganzheitsgrundes in unserem Geiste. /
Die Rolle der äußeren Erfahrung kann dabei von grundlegender
Bedeutung sein, wie das Beispiel der Aristotelischen Unterscheidung
„zweibeinig“, „vierbeinig“ zeigte. Ohne die betreffenden anato-
misch-physiologischen Kenntnisse waren die Voraussetzungen für
ein intuitives Eindringen in die somatischen Zusammenhänge nicht
gegeben. Die Sinneserfahrung vermittelt die Eingebung und regt
sie an. Und die in der Eingebung begründeten Begriffe schaffen
wieder einen Begriffszusammenhang, welcher die Voraussetzung für
weitere Begriffsbildung, namentlich auf dem Gebiete des zerlegen-
den Denkens, bildet.
Dies sind die wahren, einzig entscheidenden Vorgänge bei der
Begriffsbildung.
So führt die Lehre von der Begriffsbildung wieder zum Urquell,
zur Eingebung, zurück.
/
V.
Wesentlichkeit und Unwesentlichkeit der Merkmale des Begriffes
nach wechselnder Gliedhaftigkeit und Mittigkeit.
Der Einteilungsgrund
Als das Entscheidende der Begriffsbildung ergab sich, die bilden-
den Mächte der geistigen und stofflichen Welt, mögen sie nun
„Ideen“, „Formen“, „Ganzheiten“ heißen, durch Eingebung im
menschlichen Geiste zu erwecken. Dadurch allein wird der Begriff
begründet, und erhält er seine Gültigkeit.
Nur die wesentlichen Bestandteile, Merkmale des Begriffs sind
aber für seine Allgemeingültigkeit von Bedeutung.
Was ist aber das Wesentliche, was das Unwesentliche? Diese Frage
ist eigentlich in der Geschichte der Logik nie gründlich gestellt, noch
auch beantwortet worden. Denn die Bestimmung des Unwesent-
lichen als „mitzufallend“ (σομβεβηκός), akzidentell, wechselnd ist
insofern nicht hinreichend, als wieder das Akzidentelle, Wechselnde
nicht bestimmt wird. Was ist wechselnd?
Die meisten wollen nur die wesentlichen Merkmale allein zum
Begriffe rechnen
1
. Sie bedenken aber nicht, daß dies schon deswegen
1
So Überweg, wie oben S. 67 f. angeführt.