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Die Begriffe des Vollkommenen sind stets ursprünglich, die des
Unvollkommenen abgeleitet. Das entspricht dem allgemeinen Vor-
rangsatze: Das Vollkommene ist vor dem Unvollkommenen. /
C.
Ü b e r - u n d U n t e r o r d n u n g
( E i n s c h l i e ß u n g , B e j a h u n g )
Uber- und Unterordnung sind Begriffe der Gegenseitigkeit. Denn
was übergeordnet ist, hat etwas unter sich, eben das Untergeord-
nete, was untergeordnet, etwas über sich, das jeweils Übergeordnete.
Das eine ist nicht ohne das andere. Wie ist diese Gegenseitigkeit be-
schaffen, worin besteht sie?
Wir sehen darin eine Grundfrage der Logik hinsichtlich der For-
men des Denkens. Denn wenn man etwa von „Übereinstimmung“
und „Vergleichung“ als solchen Grundformen spricht, so übersieht
man, daß die G l i e d e r u n g e n , welche in ihrer Inhalts-
bestimmtheit diese „Übereinstimmungen“ oder „Unterschiede“ zur
Darbietung bringen, jeweils s c h o n v o r a u s g e s e t z t s i n d !
Die Überordnung (Superordination) beruht darauf, daß das Hö-
here das Niedere b e f a s s e , r ü c k v e r b i n d e ; die Unter-
ordnung (Subordination oder Subsumtion) darauf, daß das Niedere
vom Höheren b e f a ß t , r ü c k v e r b u n d e n w e r d e . Befas-
sen oder Rückverbinden, Befaßt- oder Rückverbundenwerden, das
sind die Weisen der Über- und Unterordnung. Hierin liegt aber
nichts Geringeres als das Verhältnis der Einschließung und des Ein-
geschlossenseins, worin eben jene logische E i n h e i t begründet
wird, welche „Vergleich“ und „Unterscheidung“ erst ermöglicht.
Einschließung und Eingeschlossensein zeigt sich auch in der Ein-
teilung der Stufen als sogenannte U n t e r e i n t e i - / l u n g
(subdivisio), und aus ihr wird auch begreiflich, daß sie ohne Sprung
stetig im Stufenbau fortgehen soll, nach der alten Regel: divisio fiat
in membra proxima.
Die formale Logik konnte diese Regel wohl richtig aufstellen,
aber nicht begründen. Erst die Befassung, Einschließung lehrt ihre
Notwendigkeit verstehen, erst aus der Stetigkeit der stufenförmig
hinuntersteigenden Ausgliederung, der darin liegenden Befassung,
Einschließung folgt auch die Notwendigkeit der Unterteilung ohne
Sprung.