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nannt); das k o n j u n k t i v e oder verbindende Urteil: S ist so-

wohl P als auch P ’ . . . ; d a s k o p u l a t i v e Urteil mit mehreren

Subjekten: S, S’, S” ... ist P. (Diesen allen verwandt ist in der Kan-

tischen Tafel das disjunktive Urteil.)

/

B. B e u r t e i l u n g

Zur Beurteilung der bereits klassisch gewordenen Einteilung der

Urteile durch Kant bemerken wir nur das Wichtigste. Der größte

Teil der Tafel hält unseres Erachtens der Prüfung nicht stand.

1. Das Urteil hat nur drei Bestandteile: Subjekt, Prädikat, Kopula,

dennoch sollen sich vier Gruppen (Quantität, Qualität, Relation und

Modalität) ergeben. Die Quantität betrifft das Subjekt, die Qualität

soll das Prädikat betreffen, die Modalität die Kopula — die R e l a -

t i o n i s t o f f e n s i c h t l i c h ü b e r z ä h l i g , künstlich hinzu-

gefügt. Sie soll sich auf Subjekt und Prädikat zusammen beziehen!

Als ob nicht Urteilseinteilung sich notgedrungen zugleich auf das

Ganze bezöge! In der Tat trifft denn auch das „kann“ und „muß“

der Modalität (problematisch, apodiktisch) mit dem „wenn“ (hypo-

thetisch) und „ist“ (kategorisch) der Relation zusammen! Unsere

Behauptung, daß es im strengen Sinne gar k e i n e R e l a t i o n

g e b e , bewährt sich hier. Die Urteile der Relation bestehen als

solche nicht (das disjunktive Urteil folgt aus einem anderen Eintei-

lungsgrunde, wie sich später zeigen wird).

2.

Ein und dieselbe Urteilsform „S ist P“ wird in der vorliegenden

Tafel einmal als „bejahend“, ein anderes Mal „assertorisch“, noch

ein anderes Mal als „kategorisch“ bezeichnet. Dieselbe Urteilsform

soll also dreimal etwas anderes bedeuten, und ihr auch eine andere

Kategorie entsprechen. Man kann sogar behaupten, sie komme noch

ein viertes Mal in der „Quantität“ vor, denn „Ein S ist P“, „Alle S

sind P“ usw. hat ja stets die Grundform „S ist P“.

/

3.

die Kopula „ist" kann schwerlich als ein den anderen gleichzu-

stellender Einteilungsgrund anerkannt werden. Das „ist“ in „kann“

und „muß“ zu verwandeln, ist nur eine sprachliche Möglichkeit, keine

logische Notwendigkeit. Es könnte ja auch heißen: „S ist P der Mög-

lichkeit nach“, statt: „S kann P sein“, usw. Dieser Zusatz ebenso wie

„kann“ oder „muß“ drückt nur die Art der G ü l t i g k e i t