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Kann ja doch die Kopula sprachlich überhaupt fehlen! Zum Beispiel:
„Der Himmel blaut“ statt „ist blau“; „Der Himmel blaut vielleicht“
(z. B.: „falls das Barometer steigt“) statt „kann blauen“.
Schließt der Begriff einer Ganzheit das Sein des Gegenstandes
sinngemäß ein, so bedarf es keiner wei- / teren Unterscheidung der
Kopula, um darnach Urteile einzuteilen. Die Kopula ist nur eine
sprachliche, keine logische Form. Ja, man kann sagen, das klassische
Ausgliederungsurteil „Die Gesellschaft gliedert sich in geistige und
handelnde Gemeinschaften aus“, „Die Säugetiere gliedern sich auch
in Huftiere aus“ — hat zumeist keine Kopula! Es stellt das Ausglie-
derungsverhältnis u n m i t t e l b a r dar, es bedarf keines „Ban-
des“, um Subjekt und Prädikat zu verbinden. Diese sind von Anbe-
ginn eine Einheit
1
.
Diese kurze Kritik der Kantischen Unterscheidungen scheint uns
vor allem zu zeigen, wie sehr die Verfolgung bloß f o r m a l e r
Gesichtspunkte zu überkünstelten Einteilungen und zu einer
Ü b e r f ü l l e v o n U r t e i l s a r t e n führt. Das setzt sich dann
in der Lehre vom Schlusse fort. Gehen wir auf den Begriff der
Ganzheit zurück, dann werden sich die Denkaufgaben wie die Ein-
teilungen der Urteilslehre nicht nur, sondern auch der Schlußlehre
einfacher gestalten.
Die V e r e i n f a c h u n g der logischen Formenlehre scheint uns
ein Wahrheitszeichen der ganzheitlichen Logik, da sie uns von schul-
meisterlichen Verirrungen wieder auf das Wesentliche zurückführt. /
XI.
Die ganzheitliche Einteilung der Urteile
A.
Ü b e r s i c h t
Die ganzheitliche Einteilung steht vor der einfachen Aufgabe, die
Urteile nach dem Gefüge der Ganzheit zu ordnen. Die ganzheit-
lichen Kategorien sind es demgemäß, welche die Einteilung der Ur-
teile bestimmen!
Außer den dadurch gegebenen k a t e g o r i a l e n Urteilsarten
unterscheiden wir aber noch nach der formalen Seite hin die Durch-
1
Über das disjunktive, divisive usw. Urteil später, siehe unten S. 136 ff.