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[202/203/204]

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und Bedingtem drücken namentlich die Vorrangsätze die gliedhafte

Verbundenheit aus

1

; in der Umgliederung erst sind es Grund und

Folge, Ursache und Wirkung, die im hypothetischen Urteile her-

vortreten.

/

E. Die u m s t r i t t e n e n U r t e i l e

Durch die Lehrbücher der Logik zieht sich ein müßiger Streit

darum, ob gewisse Sätze überhaupt als Urteile gelten können. So

die sogenannten Existenzialsätze, z. B.: „Es gibt einen Gott“, „Gott

ist“; die damit verwandten Wahrnehmungs- und Feststellungssätze,

z. B.: „Das ist ein Baum“; die Sätze, deren Subjekte auf bloßen

Substantivierungen beruhen, z. B.: „Das Bergsteigen strengt Herz

und Lunge an“; ferner die sogenannten Impersonalien wie „Es

blitzt“, „Es brennt“, die sogar zu einem einzigen Ausruf verkürzt

werden können, z. B.: „Feuer!“; endlich die Frage- und Wunsch-

sätze, z. B.: „Ich möchte morgen in die Berge wandern."

Handelt es sich hier überall um echte Urteile? Wir können diese

Frage deshalb entschieden bejahen, weil wir ja auch in dem klassi-

schen kategorischen Urteil „S ist P“ bereits eine V e r e i n f a -

c h u n g sehen, eine Vereinfachung des gliedernden, eine Ganzheit

entfaltenden Urteils. Alle die angeführten Sätze nun sind ebenfalls

nichts als Vereinfachungen, Vereinzelungen, und zwar in der be-

sonderen Art von Behelfen, Zwischenformen, Provisorien. Rein für

sich genommen könnten diese Urteile ebenso wenig bestehen wie

die kategorischen Urteile „S ist P“. Auch diese setzen ja den nöti-

gen Zusammenhang (den die divisiven Urteile ausdrücklich dar-

stellen) stillschweigend voraus oder entwickeln ihn später. Wahr-

nehmungs-, Existenzialurteile, Impersonalien, Fragen, Wünsche sind

daher:

1.

nach der Seite der Vereinfachung hin als g e s c h r u m p f t e

oder v e r k ü m m e r t e Urteile zu bezeichnen;

/

2.

nach der Seite aber, daß sie in späteren Zusammenhängen

noch eine Entwicklung zum gliedernden, divisiven Urteile hin er-

fahren können, dagegen als k e i m h a f t e Urteile!

Die wichtigsten der übrigen, von der formalen Logik herkömm-

1

Siehe oben S. 108 f.

10 Logik