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F.
R ü c k b l i c k a u f d i e a u s d e r g a n z h e i t l i c h e n
U r t e i l s l e h r e f o l g e n d e P r ä d i k a t i o n s l e h r e
Das Verhältnis von Subjekt und Prädikat wird in der bisherigen
Logik nicht einheitlich beurteilt. Je nachdem man die „Beziehung“
oder „Verknüpfung“ zwischen zwei Begriffen, als welche man das
Urteil zumeist betrachtet, auffaßt, und je nachdem man die Stel-
lung der Kopula beurteilt, ergeben sich verschiedene Ansichten. Das
Merkwürdige ist nun, daß sich trotz aller Verschiedenheiten die
Ansicht des Aristoteles, das P r ä d i k a t s e i d e r d e m
S u b j e k t e ü b e r g e o r d n e t e B e g r i f f , bis heute als die
herrschende erhielt. Sogar ein so gründlicher Kenner wie Gerhard
Stammler erklärt, das Prädikat sei „der dem Subjekt übergeordnete
Begriff“, und man könne sogar mit einigem Recht sagen, daß es so
„das Subjekt begründet“
1
.
Nach unserer Begriffs- und Urteilslehre ergibt sich eindeutig, daß
das S u b j e k t es sei, welches das Prädikat grundsätzlich begrün-
de; ferner aber, daß das P r ä d i k a t b e i d e n A u s g l i e d e -
r u n g s - , E i n g l i e d e r u n g s - u n d g e m i s c h t e n U r -
t e i l e n v o n v e r s c h i e d e n e r A l l g e m e i n h e i t s e i .
Den genauen Sachverhalt lehrt bereits unsere Anschreibeweise
der Urteile: Überall, wo P
u
zu schreiben ist, ist das Prädikat von
geringerer, wo P
ü
, von größerer Allgemeinheit; wo aber P
g
, das
heißt ganzheitsfremd, ist es — als ganzheitsfremd — unmittelbar
nicht vergleichbar.
Der klassische Fall des Urteils ist aber das den / Begriff entfal-
tende, nämlich das hinabsteigende, ausgliedernde von der Art: „Die
Gesellschaft gliedert sich in geistige und handelnde Gemeinschaft
aus“ (S ist P“). „Die Säugetiere gliedern sich unter anderem in Huf-
tiere aus“ (S ist P
u
). Hier ist das Prädikat ein Teilgegenstand des
Subjektes, daher untergeordnet, daher von geringerer Allgemein-
heit als das Subjekt
2
.
1
Gerhard Stammler: Deutsche Logikarbeit, Berlin 1936, S. 367, Anmerkung 1.
2
Sogar hier ist ein Vorbehalt zu machen: Die geistigen Gemeinschaften, z. B.
Kunstgemeinde, Wissensgemeinde, sind freilich Sonderfälle (P
u
) von „geistiger
Gemeinschaft“ (die selbst ein Sonderfall, P
n
, von „Gesellschaft“ ist). Aber „Kunst“
als Welt des Schönen (Gegenstand der Ästhetik), „Wissenschaft“ als Welt der
Erkenntnis (Gegenstand der Erkenntnislehre) ist selbst nicht Gemeinschaft,