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Folgerungsreife. Durch die Mittelbegriffe wird Über-, Unter- und

Nebenordnung der Urteilsinhalte wieder sichtbar gemacht, der

Schwäche der intuitiven Anschauungskraft n a c h g e h o l f e n !

Das ist die Arbeit, welche das Denken im Schließen leistet.

Herstellung der Folgerungsreife und Durchführung der Folge-

rung selbst sind von gleicher Art, sind zwei Phasen ein und der-

selben Denkarbeit.

Mit all dem erlangten wir bereits die volle Einsicht in die Stel-

lung des Schlusses in der Welt unseres Denkens! Im bisher Entwik-

kelten ist schon das Amt des Schlusses ausgesprochen: Der Schluß

stellt die geschwächte oder verlorene Einheit der Begriffszusammen-

hange her und macht dadurch Verborgenes sichtbar.

Der Schlußsatz, der aus zwei Urteilen (Vordersätzen) gewonnen

wird, ist selbst ein Urteil. Aber er ist kein gewöhnliches Urteil, viel-

mehr die Einheit jener Urteile, aus denen er gewonnen wurde • —

ein U r t e i l h ö h e r e r O r d n u n g ! „Sokrates ist sterblich“

als bloßes Feststellungsurteil, etwa während des Sterbens des Sokra-

tes gefällt; und das Schlußurteil „Sokrates ist sterblich“ aus den Vor-

dersätzen „Alle Menschen sind sterblich — Sokrates ist ein Mensch“

gefolgert — das sind nicht dieselben Urteile! Das Folgerungsurteil

enthält hier die allgemeine Wahrheit, daß alle Menschen sterben, in

sich, das Feststellungsurteil nicht! Das letztere bringt Einzeltat-

sachen zur Kenntnis, an die sich Gedanken anschließen oder auch

nicht, das erstere hat die Gedanken seiner Vordersätze in sich. In-

sofern kann man es auch ein M i t u r t e i l nennen. Es hebt das

von den ihm zugrunde liegenden Urteilen schon irgendwie M i t -

g e s a g t e nur eigens heraus. Es hebt es aber heraus, indem es die

begriffliche E i n h e i t der Vor- / dersätze festhält, kurz, es ist in

jedem Sinne ein Urteil höherer Ordnung. Mathematisch gesprochen

kann man es ein I n t e g r a l , e i n i n t e g r i e r e n d e s U r t e i l

nennen.

Auch hier müssen wir wieder den genialen Blick des Aristoteles

bewundern, der den Schluß „ M i t g e d a n k e “ , denn das heißt

wörtlich genommen „Syllogismus“ (συλλογισμός), nannte und ihn

dadurch unendlich viel richtiger bezeichnete, als das spätere latei-

nische „conclusio“ (von claudere, zuschließen), das nur den äußeren

Abschluß, das Ende bezeichnet. Dem Lateinischen folgte dann leider