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B. A l l g e m e i n e R e g e l n d e s S c h l u s s e s
Kehren wir zum allgemeinen Grundsatze der Uber- und Unter-
ordnung zurück, so folgen aus ihm (ebenso wie auch aus dem dic-
tum) einige allgemeine Regeln, welche die Schullogik, fußend auf
Aristoteles, seit alters für die kategorischen Schlüsse scharfsinnig for-
mulierte:
1.
Aus bloß verneinenden Vordersätzen folgt nichts („ex mere
negativis nihil sequitur“). Die Begründung ist einfach: wo dem All-
gemeinen nichts zugeschrieben wird, kann auch auf das Besondere
nichts übertragen werden. Zum Beispiel würde aus den Sätzen:
„Alle Menschen sind sterblich — Sokrates ist kein Mensch“ nichts
folgen.
2.
Aus bloß partikularen Vordersätzen folgt nichts („ex mere
particularibus nihil sequitur“). Die sogenannten partikularen Ur-
teile sind ja unbestimmt, und aus Unbestimmtem kann Bestimmtes
nicht gefolgert werden. Im Unbestimmten ist ja keine feste Ord-
nung, daher auch keine feste Unterordnung. Zum Beispiel folgt aus
den Vordersätzen: „Einige Menschen sind sterblich — einige Könige
sind Menschen“ nichts Bestimmtes, da die betreffenden Könige
einerseits nicht bestimmt unter den Begriff Menschen fallen, ande-
rerseits nicht bestimmt ist, ob unter die sterblichen oder nicht sterb-
lichen.
3.
Aus einem partikularen Obersatze und einem verneinenden
Untersatze folgt nichts. Dies ist nur ein Sonderfall von „1.“ und
„2.“. Aus „Einige Menschen sind sterblich — Sokrates ist kein
Mensch“ folgt nichts, da „Sokrates“ in den Mittelbegriff („Mensch")
nicht eingeordnet wird, überdies die Eigenschaften des- / selben im
Obersatze durch den Zusatz „einige“ unbestimmt gelassen werden.
4.
Sind beide Vorsätze bejahend, so ist auch der Schlußsatz be-
jahend. Da der Schluß auf der Unterordnung der Begriffe beruht,
bedarf dieser Satz keiner Erläuterung. In den bejahenden Vorder-
sätzen erfolgt eben eine tatsächliche (bejahende) Unterordnung, die
im Schlußsatze festgestellt wird.
5.
Ist ein Vordersatz verneinend oder partikular, so ist es auch
der Schlußsatz: der Schlußsatz folgt dem schwächeren Teile („con-
clusio sequitur partem debiliorum“). Auch das geht auf Aristoteles
zurück. Es versteht sich von selbst aus der Unterordnung der Be-