190
[269/270/271]
auf einer neuen Wesenserkenntnis, eine Wesenserkenntnis aber auf
Eingebung. Jede neue Verallgemeinerung fordert eine neue Ein-
gebung. Eine ohne Eingebungsgrundlage vollzogene Verallgemei-
nerung ist im besten Falle ein A n a l o g i e s c h l u ß , also kein
echter Schluß! Läge aber nicht einmal ein Analogieschluß vor, dann
handelt es sich überhaupt um kein logisches Gebilde, sondern um
gedankenloses Gerede, um Neigung und Abneigung, Bosheit und
dergleichen (wie im obigen Falle des Buckligen).
Als Ergebnis können wir feststellen, daß (1) der Induktionsschluß
auf einer Verallgemeinerung beruhe, diese aber wieder auf eine Ein-
gebung zurückgehe; daß daher (2) die Häufung der Beobachtungs-
fälle keine logische Bedeutung habe, sondern nur der Bestätigung,
Berichtigung des empirischen Anteils an den betreffenden Gedan-
kengängen und gleichsam der seelischen Entlastung des Forschers
diene; daher „Vollständigkeit“ oder „Unvollständigkeit“ der In-
duktion ein Fehlbegriff, ja eine Naivität sei, welche die logische
Natur / der induktiven Forschung gründlich verkennt. Die Auf-
findung des zugehörigen Allgemeinen, sei es der höheren Stufe, sei
es des höheren Teilinhaltes, ist das allein Entscheidende.
Der Induktionsschluß hat demnach mit dem Redaktionsschlüsse
oder Syllogismus das Entscheidende gemein: die Eingebung! Der
Syllogismus analysiert die Eingebung, besondert, entfaltet sie zum
Begriffe; der Induktionsschluß sucht die Eingebung, welche das All-
gemeine für ein Konkretum, den Beobachtungsfall, enthält. Darum
steigt die Induktion vom einzelnen Falle oder der niederen Ganz-
heit h i n a u f zum Allgemeinen, Höheren; der Syllogismus dagegen
h i n a b vom (auf Eingebung beruhenden) Allgemeinen zum Be-
sonderen, sei es der tieferen Stufe, sei es des besonderen Teilinhaltes
(Merkmals), sei es des konkreten Einzelfalles, das ist der letzten
Ausgliederungsstufe.
/
C.
Das Z e u g n i s d e r F o r s c h u n g i n d e r G e s c h i c h t e
d e r W i s s e n s c h a f t e n
Die Wirklichkeit der wissenschaftlichen Forschung, wie sie sich in
der Geschichte und der persönlichen Erfahrung darstellt, bestätigt
unsere Auffassung. Als ein fallender Apfel in Newtons Geiste die
innere Schau aufblitzen ließ: dieselbe Kraft, welche diesen Apfel
bewegt, bewegt auch den Mond — da war es eine ungeheure E i n -