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zudrücken, etwa: „Sokrates ist sterblich; daraus folgt, daß er als
M e n s c h sterblich sei, denn alle Menschen sind sterblich“; oder:
„Sokrates ist sterblich, daraus folgt, daß das Menschliche in ihm
sterblich sei; daraus / folgt, daß er ein Mensch ist“; oder „Sokrates
ist sterblich; darin hegt: er sei als Mensch sterblich, woraus folgt, daß
alle M e n s c h e n sterblich seien“ (das heißt, er repräsentiert die
Gattung).
Man könnte einwenden, daß aus „Sokrates ist sterblich“ nicht
g e f o l g e r t werden könne, daß alle Menschen sterblich seien.
Dem ist a b e r n i c h t s o ! Wir haben es ja voraussetzungs-
gemäß nicht mit einem bloßen Behauptungssatze zu tun wie „Die
Rose blüht“, sondern mit einem Urteil höherer Ordnung, einem
Satz, der aus Prämissen schon gezogen wurde, daher den Ertrag
dieser schon in sich trägt. Das betreffende Allgemeine (die höhere
Stufe und der höhere Teilinhalt) ist als ihm innewohnend schon mit-
gesetzt, mitgedacht! Daher kann man nicht nur, man muß dieses
Allgemeine aus ihm herauslesen, es f o l g e r n !
Das Urteil als Schlußsatz oder Urteil höherer Ordnung s e t z t
das in ihm enthaltene Allgemeine, es setzt es, gliedert es aus als Fol-
gesätze, trotzdem es genetisch aus denselben Sätzen (als aus Prämis-
sen) hervorging.
Wendete man nach den Regeln des Syllogismus ein, aus „Sokrates
ist sterblich“ könne nicht gefolgert werden, daß alle, nur daß „(min-
destens) ein Mensch sterblich sei“, ähnlich wie im früheren Beispiele
des Buckligen nur geschlossen werden konnte, daß (mindestens) ein
Bewohner der Stadt bucklig sei, nicht aber alle
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— dann wäre das
nicht stichhältig. Denn das Urteil „Sokrates ist sterblich“ trägt ja
voraussetzungsgemäß die Erkenntnis der Sterblichkeit alles Mensch-
lichen in sich, ist ein Urteil höherer Ordnung. Im Falle des Buckligen
liegt überhaupt kein Schluß vor, im Falle des Urteils „Sokrates ist
sterblich“ aber das Bewußtsein des A l l g e m e i n g e h a l t e s die-
ses Ur- / teils. Daher kann man dasselbe auch als einen vollzogenen
Induktions- oder Rückverbindungsschluß auffassen, der ja auf V e r -
a l l g e m e i n e r u n g beruht, wie sich früher ergab. Im Rückver-
bindungsschlusse muß allerdings das Allgemeine (hier die Sterblich-
keit der Menschen und das Menschsein des Sokrates) erst durch Ein-
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Siehe oben S. 187 f.