[280/281]
197
gebung erlangt werden, im Urteil höherer Ordnung dagegen ist es,
weil genetisch aus Vordersätzen gezogen, schon vorausgesetzt.
Man erkennt daraus, daß und warum die Entwicklung der frü-
heren Folgesätze aus einem Schlußsatze die aufsteigende, rückverbin-
dende Form annehmen muß! Bei einem besonderen Urteile „Sokra-
tes ist sterblich“ mag das nicht auffallen, es trifft aber notwendig
auch auf den allgemeinen Satz „Alle Menschen sind sterblich“ zu.
Betrachten wir ihn zuerst als Ergebnis eines Syllogismus:
Alle Organismen sind sterblich.
Alle Menschen sind (dem Leibe nach) Organismen.
Also, alle Menschen sind sterblich.
Nun als gegebenen Schlußsatz, als Urteil höherer Ordnung:
Alle Menschen sind sterblich.
Daraus folgt: Der Mensch ist als Organismus sterblich;
daraus folgt: Alle Organismen sind sterblich.
Wie ersichtlich, ergeben sich die früheren Vordersätze auch bei
dem allgemeinen Urteile „Alle Menschen sind sterblich“ als Folge-
sätze in a u f s t e i g e n d e r , r ü c k v e r b i n d e n d e r Form:
Die Menschen sind (dem Leibe nach) Organismen; alle Organismen
sind sterblich (syllogistisch, absteigend, wäre diese Abfolge nicht
möglich).
/
Indessen, wie auch immer betrachtet, stets ergibt sich, daß der
W a h r h e i t s g e h a l t e i n e s U r t e i l s als von ihm gesetzte
Ausgliederungsfolge hervortritt, sobald das Urteil nicht genetisch,
sondern rein wesenhaft, nämlich als Urteil höherer Ordnung, behan-
delt wird. Dadurch kommt eine bisher nicht beachtete Grundform
der Gedankenführung ans Licht, welche der reinen Natur der Aus-
gliederung entspricht. Man kann sie als Umkehrung des Schlusses
bezeichnen.
Die innere Bedingtheit der Tatsache, daß jeder Schlußsatz auch als
Obersatz für Folgesätze aufgefaßt werden könne, liegt einfach an
dem Unterschiede „von unten hinauf“ und „von oben hinab“! Wird
der Schlußsatz als eine höhere Einheit von Urteilen genommen,
dann ist er n a c h u n t e n h i n (von oben hinab) entwickelbar
und jene Sätze, aus denen er genetisch — von unten hinauf — ge-
wonnen wurde, erscheinen nun als Folgerungen, die sich aus ihm er-
geben. Es g e h t d a n n v o m G a n z e n z u d e n T e i l e n
h i n u n t e r , nicht umgekehrt.