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können, wenn „der Umfang des Subjekts- und Prädikatsbegriffes
sich decken“. Wo gibt es aber Urteile, deren Glieder sich streng
decken? Das könnten nur Tautologien sein, und die kann man nicht
für Urteile im logischen Sinne gelten lassen. Das beliebte Beispiel der
Lehrbücher „Alle gleichseitigen Dreiecke sind gleichwinkelig“ pflegt
man umzukehren in „Alle gleichwinkeligen Dreiecke sind gleich-
seitig“ — was aber in Wahrheit keine Umkehrung ist! Die genaue
Um- / kehrung lautet: „ A l l e s G l e i c h w i n k e l i g e ist ein
Dreieck" — ein Urteil, das falsch ist, denn es gibt viele gleichwin-
kelige Figuren! Auch das häufige Beispiel „Alle Dreiecke sind Fi-
guren mit einer Winkelsumme von 2 R“ verträgt die (diesmal rich-
tige) Umkehrung in „Alle Figuren mit einer Winkelsumme von
2 R sind Dreiecke“ nicht. Denn dieser Satz ist falsch! Man kann viele
offene Figuren mit der Winkelsumme von 2 R sehr wohl denken,
sie sind aber keine Dreiecke.
Der Grund für diese Ungenauigkeit liegt in der Unklarheit der
Anschreibung „S ist P“ statt P
ü
oder P
ü
. Behält man im Auge, daß
P als Teilgegenstand des S diesem untergeordnet sein müsse, als hö-
here Stufe aber, im Urteile von unten hinauf, übergeordnet —
■
dann ist ein solcher Irrtum unmöglich.
Schon rein formell genommen, ist weder im Ausgliederungs-
urteile — S ist P
u
— noch im Eingliederungsurteile — S ist P
ü
—
eine reine Umkehrung möglich! Denn durch Umkehrung wird da-
bei notwendig aus „S ist P
u
“ ein „S ist P
ü
“ — (oder umgekehrt aus
P
ü
P
u
) — und das ist schon nicht mehr dasselbe! Anders gesagt, aus
einem Ausgliederungsurteile wird durch Umkehrung ein Einglie-
derungsurteil und aus dem Eingliederungsurteil ein Ausgliederungs-
urteil. Die U m k e h r u n g b e d e u t e t i n s t u f e n b a u l i -
c h e n U r t e i l e n e i n e V e r t a u s c h u n g d e s S t u f e n -
w e r t e s v o n S u b j e k t u n d P r ä d i k a t , i n t e i l i n h a l t -
l i c h e n e i n e V e r ä n d e r u n g d e s A 1 1 g e m e i n -
h e i t s w e r t e s v o n S u b j e k t u n d P r ä d i k a t ; i n
s t u f e n - b a u 1 i c h - t e i 1 i n h a l t l i c h e n
U r t e i l e n e b e n f a l l s e i n e V e r ä n d e r u n g d e s A 1 1 -
g e m e i n h e i t s w e r t e s v o n S u b j e k t u n d
P r ä d i k a t !
Ergebnis: Es gibt in logischen Urteilen grundsätzlich keine reine
Umkehrung.
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