[307/308]
217
ist, ist dieser Schluß k e i n Ä h n l i c h k e i t s S c h l u ß m e h r ,
sondern durch strenge, zwingende Deduktion aus eben diesen Ge-
setzen bestimmt! Und im ersteren Beispiele würde es sich auch nur
darum handeln, ein gleichsam dem Keplerischen Gesetze entspre-
chendes
G e s a m t l e b e n s g e s e t z
d e s
P l a n e t e n s y -
s t e m s entweder zu entdecken oder aber seine Unmöglichkeit
nachzuweisen — also darum, das maßgebende Allgemeine für die
Prämissen des Ähnlichkeitsschlusses zu finden oder als unmöglich
zu erkennen.
/
Aus dem Gesagten geht hervor, daß wir die übliche Trennung
von Ähnlichkeits- und W a h r s c h e i n l i c h k e i t s s c h l ü s s e n
nicht billigen können. Zwischen beiden besteht kein grundsätzlicher,
nur ein g r a d h a f t e r Unterschied. Man kann zumeist sagen, daß
beim Wahrscheinlichkeitsschlusse einer der maßgebenden Allge-
meinbegriffe als bekannt gelten könne, beim Ähnlichkeitsschlusse
aber nicht oder nur zum Teil. Zum Beispiel wird bei der Ziehung
schwarzer und weißer Kugeln aus einer Trommel das maßgebende
Gesetz der Gewichts- und dadurch auch Ortsbestimmung als be-
kannt vorausgesetzt, aber gerade für die Abweichungen der Ziehung
von dem gegebenen Mischungsverhältnisse sind die störenden Ein-
flüsse nicht bekannt (und wenn schon ihrem Gesetze nach, so doch
nicht in ihrer Konkretion). Dasselbe zeigt sich im Versicherungs-
wesen und der Versicherungsrechnung. Der Wahrscheinlichkeits-
schluß nähert sich demnach dem strengen Syllogismus, und je mehr
er das tut, um so mehr ist die Wahrscheinlichkeit mathematischer
Behandlung fähig.
Die Ableitungen aus der Ähnlichkeit und nach Wahrscheinlichkeit
kann man im strengen Sinne des Wortes nicht als Schluß betrach-
ten. Denn der Schluß hat seinem Wesen nach etwas Z w i n g e n -
d e s . Aus bloßer Ähnlichkeit und ungenügender Bekanntheit des
bestimmenden Allgemeinen läßt sich aber nichts Z w i n g e n d e s
entnehmen. Vielleicht könnte man diese Art der Ableitungen
Schlüsse der U n t e r s t e l l u n g (des Allgemeinen) oder freie
E r g ä n z u n g s s c h l ü s s e nennen.
/