Table of Contents Table of Contents
Previous Page  7633 / 9133 Next Page
Information
Show Menu
Previous Page 7633 / 9133 Next Page
Page Background

[316/317/318]

223

Die Logik unterließ es bisher leider, die Fehler in den Schlüssen und Beweisen

auf ihre allgemeineren Gründe zurückzuführen, und so konnte es kommen, daß

eine einseitige, fast nur für den Irrsinn gültige Theorie, die „psychoanalytische“,

die Welt, fast ohne Gegnerschaft zu finden, erobern konnte!

Nachdem wir soeben die wichtigsten Schlußfehler — sie sind zu-

gleich Beweisfehler — formal wie inhaltlich darlegten, gilt es, noch

die Probe aufs Exempel zu machen und die vom Altertume her be-

rühmtesten Fehlschlüsse zu entlarven.

/

A. E i n i g e d e r b e r ü h m t e s t e n T r u g s c h l ü s s e

d e r G r i e c h e n

Diogenes Laertius zählt sieben Trugschlüsse des Megarikers E u -

b u 1 i d e s auf, welche die Logikwissenschaft bis heute beschäftigen.

„Zu den Nachfolgern des (Megarikers) Eukleides“ (um 400 v. Chr.),

sagt Diogenes Laertius (II, 108), „gehört auch der Milesier Eubuli-

des, der viele dialektische Spitzfindigkeiten aufgebracht hat, wie den

Lügner (ψεηδόμενος), den Betrüger (διαλανθάνων), die Elektra, den

Verhüllten (έγκεκαλυμμένος), den Sorites (Gehäuften), den Gehörn-

ten (κερατίνης) und den Kahlkopf (φαλακρός) “

1

.

Zeller bemerkt dazu: „Von den Fangschlüssen, welche Eubulides

zugeschrieben werden, welche aber teilweise schon älter waren, hat

nur der sogenannte Haufenschluß eine wahrnehmbare Beziehung

auf diese Metaphysik“ (nämlich der Megariker); „... die übrigen

dagegen erscheinen als reine Sophismen, die keinen weiteren Zweck

haben, als den andern in Verlegenheit zu bringen“

2

. Der L ü g n e r ,

sagt Zeller weiter, „lautet nach Aristoteles soph. el. 25. 180 a, 34,

180b, 2, Alex. z. d. St. Cic. Acad. Il, 29, 95 u. a.

3

: Wenn je-

mand sagt, er lüge eben jetzt, lügt ein solcher, oder sagt er

die Wahrheit? Der V e r s t e c k t e , d e r V e r h ü l l t e u n d d i e

E l e k t r a sind nur verschiedene Wendungen desselben Sophisma:

,Kennst du den Versteckten? Kennst du den Verhüllten? Kannte

Elektra ihren Bruder, ehe er sich ihr genannt hatte?', / und die Lö-

sung liegt bei allen dreien darin, daß der Verhüllte und so fort den

betreffenden Personen zwar bekannt ist, aber nicht sofort von ihnen

erkannt wird . . . " D e r G e h ö r n t e lautet: „Hast du deine Hör-

1

Diogenes Laertius, deutsch von Otto Apelt, Bd 1, Leipzig 1921, S. 110

f.

2

Eduard Zeller: Die Philosophie der Griechen in ihrer geschichtlichen Ent-

wicklung, 2. Teil, 1. Abt., 5. Aufl., Leipzig 1922, S. 225 f.

3

Karl Prantl: Aristoteles’ Physik, griechisch und deutsch, München 1854, S. 51.