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fahrenlehre behandelt. Doch besteht dazu unseres Erachtens keine

Nötigung, da jeder Beweis aus Schlüssen, Einzel- oder Kettenschlüs-

sen, besteht. Wir erachten daher, daß mit den einfachen und zusam-

mengesetzten Schlußformen der Beweis bereits stillschweigend mit-

behandelt sei.

So steht es auch mit den Fehlern. Die Schlußfehler sind zugleich

auch Beweisfehler, bei Ketten von Schlüssen ebenso wie bei einzel-

nen Schlüssen. Denn außer durch Schlüsse kann man — von der

Sinnesempfindung und Eingebung, also der niederen und höheren

Erfahrung abgesehen — nichts beweisen. Der empiristische Einwand

etwa, daß man von der Erfahrung ausgehen müsse, würde nichts

besagen, da das sinnlich Empfundene und in der Eingebung Erschei-

nende stets erst durch begriffliche Überlegungen, also durch Schlüsse

in den bisherigen Erkenntnisbestand eingegliedert werden muß!

Ehe wir auf die Denkaufgaben, welche die Schlußfehler bieten,

eingehen, überblicken wir das Formale und die übliche Namen-

gebung.

Unabsichtliche Schlußfehler pflegt man als F e h l s c h l ü s s e

(fallaciae) oder P a r a l o g i s m e n (Vernunftwidrigkeiten) zu be-

zeichnen; absichtliche dagegen als T r u g s c h l ü s s e oder So-

p h i s m e n . Die Absicht, durch eine / falsche Schlußfolgerung zu

täuschen, heißt logisch eine E r s c h l e i c h u n g (subreptio).

Ergibt ein Schluß ein anderes Urteil, als zu beweisen war, so

spricht man von einer A b i r r u n g des Schlusses oder Beweises

(aberratio elenchi) oder auch von einer B e w e i s v e r r ü c k u n g

(heterozetesis). Beweist der Schluß zuviel (das heißt etwas als einer

Gattung zugehörig, was nur für eine Art oder ein Individuum gel-

ten soll), oder beweist er zuwenig (das heißt dem Individuum zu-

gehörig, was für die Gattung gelten soll), so ist der Beweis in beiden

Fällen als mißlungen anzusehen, gemäß der alten Schulregel der Lo-

giker: „Wer zuviel oder zu wenig beweist, beweist gar nichts“ (qui

nimium probat, nihil probat; qui parum probat, nihil probat).

Wird aber durch den Schluß nicht quantitativ, sondern qualitativ

anderes bewiesen, als zu beweisen war, so heißt dies Übergang in ein

anderes genus (μετάβασις εις αλλο γένος, mutatio elenchi) oder auch

Begriffsverrückung, logischer Sprung.

Als die gewöhnlichen formalen Schlußfehler gelten:

1.

Ein falscher Vordersatz, proton pseudos (πρώτον ψευδός); aus