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heit! Das wurde oben

1

schon berührt. Die sogenannte „ V e r d r ä n g u n g “

ist jedenfalls erst eine abgeleitete, überdies eine mehr krankhafte Erscheinung

und gehört als solche weniger der Logik als der Irrsinnlehre an.

Die in der herkömmlichen Seelen- und Irrsinnlehre ent- / wickelten Lehr-

begriffe des Irrtums haben meist eine empiristische Grundlage. Das ist überall

dort der Fall, wo die Wahrheit nur als relativ möglich, der Irrtum nur als g r a -

d u e l l v e r s c h i e d e n von der Wahrheit erklärt wird. Am deutlichsten ver-

steht man das aus Richard Avenarius’ Grundsatz der Begriffsbildung aus den

„denkbar-meist-sich-wiederholenden“ Sinneseindrücken oder aus Machs Grundsatz

der „Denkökonomie“

2

. In beiden Fällen nähert sich j e d e r Begriff nur der Wahr-

heit, er ist mehr oder weniger der maximalen „Ökonomie“ oder „Wiederholung“,

Häufigkeit der Sinneseindrücke „angepaßt“ — angenähert. Das ist aber in Wahr-

heit so, als ob man sagte, es hätte ein Organismus mehr oder weniger Herz,

Kopf oder Haut — ein grundsätzlich falscher Gesichtspunkt, der Unmögliches

voraussetzt, nämlich mechanische, mengenhafte Verhältnisse dort, wo der Men-

genbegriff überhaupt keine Giltigkeit hat!

Auch diese Betrachtung des Irrtums läßt uns wieder in ein Me-

dusenantlitz blicken! „Ablenkung durch Willensziele“, „Verwirrung

des Wahrheitssinnes“ — das sind zuletzt nur Verkleidungen der

Tatsache, daß das Böse in der Geistesgeschichte überall wirkt. Die

Geschichte der Wissenschaften ist nicht nur die Geschichte der Wahr-

heit, sondern ebensosehr die Geschichte des Irrtums. Der logische

Lehrbegriff des Irrtums läßt uns verstehen, daß wir in der Geistes-

geschichte kein Rechts ohne Links, kein Licht ohne Finsternis

sehen.

/

II. Die Einheit der Verfahren

A .

Z u r ü c k w e i s u n g d e r A x i o m a t , i k i n d e r

m a t h e m a t i s c h e n , d e r I n d u k t i o n i n d e r

e m p i r i s t i s c h e n

L o g i k

Der Begriff des Axioms spielte in der Logik seit der Entwicklung

der Geometrie zur „Metageometrie“, das heißt der euklidischen,

dreidimensionalen zur nicht-euklidischen, n-dimensionalen (eine

Entwicklung, an der bekanntlich Gauß, Lobatschefskij, Riemann

und andere beteiligt sind) eine große Rolle. Denn die nicht-eukli-

dische Geometrie beruht auf einer Abänderung des Parallelen-

axioms, wonach entgegen der euklidischen Lehre, daß durch einen

Punkt außerhalb einer gegebenen Geraden nur eine Parallele zu ihr

1

Siehe oben S. 222 f.

2

Siehe oben S. 69 ff.