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können in gewissen Richtungen und geschichtlichen Lagen der Ma-
thematik und anderer Wissenschaften eine hervorragende Rolle
spielen, aber niemals das Ganze der Wissenschaft ausmachen, nie-
mals / das Gefüge der Logik allein bestimmen! Auch solche Defini-
tionen, die als scheinbar letzte das Begriffsgebäude einer Wissenschaft
bestimmen, sind je für sich kein Letztes, sondern durch die Ganz-
heit, Gegenseitigkeit, Zusammengehörigkeit bestimmt.
Hieraus geht auch hervor, welchen Irrweg im besonderen die m a t h e m a -
t i s c h e L o g i k geht, sofern sie (wie auch die nicht-euklidische Geometrie)
die Axiome als jeweils Letztes und noch dazu als w i l l k ü r l i c h e Setzungen
(nach Art der Änderung des Parallelenaxioms in der nicht-euklidischen Geo-
metrie) behandelt. Die A x i o m e d e r E i n z e l w i s s e n s c h a f t e n s i n d
w e d e r e i n L e t z t e s n o c h e i n w i l l k ü r l i c h S e t z b a r e s . Sie haben
in deren jeweiligen Gegenständen ihre Grundlage, wie ja auch die gewöhnliche
Geometrie nicht zufällig die euklidische ist und nicht zufällig die grundlegende
Stellung hat
1
.
/
B.
Das D e n k e n u n d d i e E i n h e i t d e s G e i s t e s
Das ganzheitliche Gebäude logischen Denkens ist dann wieder im
V o r l o g i s c h e n gegründet, in der E i n g e b u n g . Und auch
diese ist kein vereinzeltes Letztes: Sie ist wieder gegründet in der
Einheit des menschlichen Geistes!
Der übertriebene Kampf gegen den sogenannten Psychologismus,
der ja nur gegenüber dem Naturalismus einen Sinn hatte, versperrte
der heutigen Logik fast aller Richtungen diese Verankerung der
Logik im höheren Ganzheitszusammenhange des Geistes. Der
menschliche Geist in seinem allgemeinen Rückverbundenheitsbe-
wußtsein (Glaube, Ubersinnlichkeitsbewußtsein, Gottesbewußtsein
als ursprüngliches, nicht abgeleitetes Bewußtseinselement), ferner
in seinem Eingebungsbewußtsein (das sich als Vergegenständ-
lichung, Wissen und als Gestaltungsbewußtsein, Kunst verwirk-
licht); endlich in seinem Wollen und Handeln, welches alle
vorgeordneten, eben genannten Bewußtseinsarten (auf dem Grunde
der Sinnenempfindung) erst zur Wirklichkeit hinausführt — der
menschliche G e i s t a l s G a n z e s , in allen diesen seinen For-
men ist es, welcher auch das Denken in sich befaßt und die Einheit
aller Seiten seines Wesens gewährleistet.
Nicht aus Axiomen, aus der E i n h e i t d e s G e i s t e s
1
Vgl. S. 61.
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