Table of Contents Table of Contents
Previous Page  7666 / 9133 Next Page
Information
Show Menu
Previous Page 7666 / 9133 Next Page
Page Background

256

[360/361/362]

heit. Denn wozu soll man sich (praktischerweise) noch mit Beweisen

aufhalten, wo etwas unmittelbar gewiß ist?

Anders steht es aber mit der Behauptung, daß / Axiome, weil sie

unmittelbar gewiß und letzte Sätze seien, a u c h k e i n e s B e -

w e i s e s f ä h i g w ä r e n !

Diese Behauptung ist falsch. Sie kann zunächst unmöglich für

Sätze einer besonderen Wissenschaft gelten, da diese ja stets auf den

allgemeinsten l o g i s c h e n G r u n d s ä t z e n (Einerleiheit, Wi-

derspruch usw.) b e r u h e n , mittels deren ihre Denkfortschreitun-

gen als r i c h t i g e geführt werden. Die Axiome der Fachwissen-

schaften sind also keineswegs ein Letztes, das auf nichts zurückge-

führt werden könne; vielmehr sind die logischen Grundsätze stets

das Allgemeinere, Einfachere, das ihnen zugrunde liegt.

Wie steht es nun mit den l o g i s c h e n G r u n d s ä t z e n ?

Sind sie, die unmittelbar einleuchten, daher eines Beweises nicht

bedürfen, auch k e i n e s B e w e i s e s f ä h i g ?

Das müssen wir verneinen. Sie sind, je für s i c h genommen,

kein Letztes, e i n e s B e w e i s e s f ä h i g ! Denn das Logische

liegt nicht schon im unmittelbaren Einleuchten selbst — auch

„Schönheit“ leuchtet ja unmittelbar ein —, vielmehr in der richti-

gen Begriffsgliederung, in der richtigen Gliedhaftigkeit der Begriffe

und Begriffselemente.

Was aber gliedhaft ist, besteht in keiner Weise und niemals für

sich, vereinzelt, sondern im Miteinander, in Gegenseitigkeit. Neh-

men wir als Beispiel den logischen Grundsatz der Einerleiheit. Den-

ken ist Selbstsetzen und Selbstentgegensetzen, Vergegenständli-

chung. In der Fortschreitung des Setzens und Entgegensetzens aber

d a s s e l b e als es selbst festzuhalten, das ist die Einerleiheit (Iden-

tität). Die Dasselbigkeit ist aber eine Erscheinung, die nur in der

Entgegensetzung auftreten kann (denn ohne diese wäre ja kein Ge-

genstand). Entgegensetzung ist aber: Unterscheidung, ja Wider-

spruch (so daß Fichte, Schelling, Hegel sogar das / Verneinende,

Non-A, dabei fast ausschließlich hervorheben konnten). Das D a s -

s e l b i g e wird also im U n t e r s c h i e d e n e n , E n t g e g e n -

g e s e t z t e n festgehalten. Das Dasselbige, Sichselbstgleiche, Einer-

leie kann ohne Unterscheidung, Entgegensetzung; das Entgegenge-

setzte, Unterschiedene ohne Einerleiheit, Selbgleichheit nicht beste-

hen. So ist Entgegensetzung, Widerspruch ohne Selbgleichheit nicht