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fortganges festgehalten oder dagegen verstoßen — alles Dinge, die
bei Naturgesetzen unmöglich sind.
Ferner läßt sich leicht zeigen, daß alle m a t h e m a t i s c h e n
F o r m u l i e r u n g e n gesellschaftlicher, wirtschaftlicher, geistiger,
psychologischer „Gesetze“ eine Selbsttäuschung und immer falsch
sind — notwendig, weil die Ganzheit, wie alles Sinnvolle, Geistige
überhaupt, nicht quantifizierbar ist!
Ein anderer wichtiger Punkt ist endlich, daß bei einem ganzheit-
lichen Gesetze niemals das „ceteris paribus“ gelten könne. Alle Ge-
setze der mathematischen Physik sind aber auf der Annahme, daß
sich eine einzige Bedingung, eine einzige Größe einer Gleichung
für sich allein ändern lasse, a l l e s ü b r i g e a b e r g l e i c h
b l e i b e — „ceteris paribus“ — aufgebaut! Schon darum allein
ist die Anwendung von Mathematik in allen ganzheitlichen Wissen-
schaften ausgeschlossen! Auch in der Wirtschaftslehre, wo tatsächlich
Größen, z. B. / 1000 kg Brot Vorkommen, ebenso in der Psycho-
physik. Überall, wo Ganzheitszusammenhänge bestehen, gibt es
Teile, Glieder nur in Gegenseitigkeit. Wenn also ein Teil, ein Glied
geändert wird, ändert sich die Gegenseitigkeit a l l e r Glieder, so-
wohl ihrer Größe, Menge nach (falls es diese überhaupt gibt) wie
ihrer Beschaffenheit nach. Daher ist z. B. das „Gesetz“: „Wenn sich
das Angebot vergrößert, verringern sich (ändern sich umgekehrt
proportional) die Preise“, grundsätzlich falsch, weil das voraus-
gesetzte „ceteris paribus“ wesenswidrig ist. Hat sich das Angebot —
das eine sinnvolle Eingliederung, keine Menge ist — verändert,
dann schon die ganze Volkswirtschaft! (Als Faustregeln können na-
türlich solche Unterstellungen trotzdem eine gewisse begrenzte Be-
deutung haben.)
Allen diesen Tatbeständen gegenüber war und ist das teleologische
Verfahren blind und wehrlos, weil es an ein viel zu besondertes
Verhältnis, das des Zweckes, gebunden erscheint. Die Teleologie
kann z. B. weder die Unquantifizierbarkeit ihrer Gegenstände
grundsätzlich behaupten noch das ceteris paribus grundsätzlich
leugnen. Denn warum sollten die im Zweckverhältnisse stehenden
Dinge nicht nach Mengen ausdrückbar, und warum sollten sie nicht
für sich allein variabel sein (gleich dem mathematischen Schema
einer „abhängigen“ und einer „unabhängigen Variablen“)? Erst der
Begriff der Gegenseitigkeit des Ganzheitszusammenhanges lehrt die