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Z w e i t e r A b s c h n i t t

Die Lehre vom Fünklein

I. Wesenserklärung des Fünkleins

Der folgenreichste Begriff, den Meister Eckehart entwickelt, ist

der des „Seelengrundes“ oder „Fünkleins“. Einmal verstanden, so

behaupten wir, kann eine Seelenlehre und Erkenntnislehre, ja die

ganze Philosophie ohne ihn nicht mehr bestehen! Schon unsere erste

Übersicht deutete die grundlegende Stellung an, die der Begriff des

Fünkleins im Begriffsgebäude Meister Eckeharts habe.

Wir geben zuerst eine Auslese der wichtigsten Äußerungen Ecke-

harts über das Fünklein.

Die Bilder der Außenwelt schöpfet die Seele mit den Kräften,

mit der Sinnlichkeit.

„Dar umbe ist der sêle enkein dinc als unbekant als si ir selber. Also sprichet

ein meister, daz diu sêle von ir kein bilde geschöpfen mac noch geziehen. Dar

umbe sô mac si sich selber mit nihte bekennen.“

1

„Diu sêle hat etwaz in ir, ein fünkelîn der redelicheit, daz niemer er-

leschet,.. .“

2

.

„Ich hân etwenne gesprochen von einem liehte, ist in der sêle, daz ist un-

geschaffen und unschepfelich. Diz selbe lieht pflige ich alwege ze rüerende in

mîner predie unt daz selbe lieht nimet got âne mitel unbedecket blôz, als er

an ime selber ist,... Dâ mac ich wêrlîche sprechen, daz diz lieht habe mê

einekeit mit gote dan mit deheiner kraft, mit der ez doch ein ist in dem wesenne.

Want ir sunt wizzen, daz diz lieht niht edeler ist in dem wesenne mîner sêle

dan diu niderste kraft .. ., als gehoerde oder gesiht... und ist daz des schult,

daz daz wesen [der Seele, das Fünklein] einveltic i s t . . . swenne sich der mensche

bekêret von ime selben unde von allen geschaffen dingen, als vil dû daz tuost,

als vil wirst dû geineget unde gesêliget in dem fünkelin der sêle, daz zît noch

1

Pf. 5, 19: Darum ist der Seele nichts so unerkannt wie sie sich selber. So

sagt denn ein Meister, die Seele könne von sich selbst kein Bild schöpfen oder

(eines) abziehen. Darum kann sie sich selbst mit nichts erkennen.

2

Pf. 39, 7: Die Seele hat etwas in sich, ein Fünklein der Erkenntnisfähigkeit,

das nimmer erlischt.