Table of Contents Table of Contents
Previous Page  7833 / 9133 Next Page
Information
Show Menu
Previous Page 7833 / 9133 Next Page
Page Background

79

überhaupt einen Sinn haben; und das um so mehr, als Eckehart un-

mittelbar vorher von einem „verwundeten Menschen“ spricht.

Eine der seltenen Stellen, die noch bestimmter auf verfahren-

mäßige Übungen deuten, scheint mir die folgende zu sein:

„Nieman kan den rehten wec gegân, er habe ê gesezzen in dem liehte der

beschouwede, daz er dar inne habe gelernet schöpfen die rehten wege; want elliu

unseriu werc sülent lieht sin unde sülent liuhten in der vinsternisse unserm

nehsten.“

1

Vielleicht darf auch eine andere Stelle so betrachtet werden:

„Ich gedâhte underwegen, dô ich her solte gân, ich wolte niht her, ich würde

doch naz von minne .. .“

2

.

Möglicherweise handelte es sich da um eine besondere Übung in

der Liebe zu Gott, da es darnach heißt:

„Der mensche ... sol in (Gott) minnen, wan got minnet den menschen mit

aller sîner hoehsten vollekomenheit.“

3

An mehreren Stellen

4

verweist Eckehart auf die „sieben Grade

des schauenden Lebens“, die er nach Augustinus unterscheidet.

Man darf sagen, als Ziel aller Übungen bezeichnet Meister Ecke-

hart, in allen Werken ein gleiches Gemüt zu haben, in der Kirche,

in der Zelle, auf der Straße, unter der Menge, in der Unruhe und

der Ungleichheit. Dies führt er unter anderen in den „Reden der

Unterscheidung“ aus und fährt dann fort:

„War an lît nû diz wäre haben gotes . .. ? (Es) lît an dem gemüete und an

einem inneclîchen vernünftigen zuokêren unde meinen gotes, niht an eime stêten

andenken in einer glîchen wîse, wan daz wêre unmüglich der nâtûre ... und

ouch daz allerbeste niht. Der mensche sol niht haben noch im lâzen genüegen

mit einem gedâhten gote, wenne der gedank vergât, so vergât ouch der got;

mêr: man sol haben einen gewesenden got, der verre ist obe den gedenken...

Der got vergêt niht, der mensche kêre denne willeclîche abe.

Der got also in wesen hât, der nimet got götlîchen unde dem liuhtet er in

allen dingen; wan alliu dinc smeckent ime götlich unde got erbildet sich im ûz

allen dingen. In ime blicket got alle zit, in im ist ein abegescheiden abekêren und

ein inbilden sînes geminten gegenwürtigen gotes.“

5

1

Pf. 302, 6: Niemand kann den rechten Weg gehen, er habe denn zuvor in

dem Lichte der Beschauung gesessen und darinnen gelernt, die rechten Wege zu

schöpfen; denn alle unsere Werke sollen licht sein und sollen in der Finsternis

unserem Nächsten (voran-)leuchten.

2

Pf. 287, 25: Unterwegs, als ich hierher gehen sollte, fiel mir ein, ich möchte

(lieber) nicht hierher (gehen), weil ich doch naß werden würde von Liebe.

3

Pf. 287, 29: Der Mensch soll ihn (Gott) lieben, denn Gott liebt den Menschen

in (eben) seiner höchst vollkommenen Weise.

4

So Pf. 618 f.; B 124 und andere.

5

Pf. 548, 24: Woran liegt nun dieses wahre Innehaben Gottes . . . ? (Es) liegt