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phischen Gotteslehre in fast allen folgenden Abschnitten immer wieder berührt,
so daß nichts Wesentliches fehlen wird.
Wir heben hier nur den einen, die Seins- wie die Gotteslehre gleichmäßig an-
gehenden Satz Eckeharts (welcher übrigens der Scholastik seiner Zeit nahe steht)
hervor: D e u s e s t e s s e , G o t t i s t d a s S e i n .
Er bedeutet natürlich keinerlei Pantheismus. Eckehart selber erklärt ihn öfters
deutlich genug, unter anderem im Johanneskommentar:
„... daß nichts dem Seienden (enti) so nahe ist, nichts so innerlich wie das
Sein (esse). G o t t a b e r i s t d a s S e i n , u n d v o r i h m i s t u n m i t t e l -
b a r a l l e s S e i n . Darum senkt er sich allein in die Wesenheiten der Dinge
ein. Alles, was nicht das Sein selbst ist, steht draußen, ist fremd und unterschieden
von der Wesenheit (essentia) eines jeden Dinges. Zudem aber ist das Sein einem
jeden Dinge sogar innerlicher als dessen eigene Wesenheit. Daher erhält nach
Augustinus die Substanz ihren Namen Wesenheit von wesen (= sein, „essentia
ab esse“), aber die Fähigkeit (zum Sein) selbst, die den Dingen als noch nicht
seienden zukommt, ist von Gott. .
Und in einer lateinischen Predigt:
„Gott — Sein ist nacktes Sein ohne Hülle; esse autem deus esse nudum sine
velamine est.“
2
. Darum sagt Eckehart auch, Gott sei über dem Sein, „hoch über
Wesen, super esse.“
3
1
Meister Eckhart: Die Lateinischen Werke, Dritter Band, Expositio sancti
Evangelii secundum Johannem, herausgegeben von Josef Koch, Stuttgart 1937,
S. 199.
2
B 108.
3
B 112 f.