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(4)

Hieraus ergibt sich uns die allgemeine religionsphilosophische

Kategorie der E i n h e i t v o n G o t t u n d S e e l e . Dieselbe

zeigte sich schon im Begriffe des Fünkleins vorgebildet. Diese

Einheit ist auch hier keine Wesens-Einerleiheit. Was Christus

von Natur, ist der Mensch aus Gnade.

(5)

Da Gott sich der Seele seinem Wesen nach mitteilt, mitteilen

muß, so folgt daraus: Gott wirkt ohne ein Warum, „sonder

warumbe“. So auch der Mensch: „Je höher der Mensch, umso

weniger lebt er sich selbst, sondern Gott lebt in ihm.“

(6)

Die Seele ist dabei in einem u n m i t t e l b a r e n Verhältnisse

zu Gott.

„. .. got wirket in der sêle âne allez mitel,. "

1

Auch hier zeigt sich wieder die Übereinstimmung mit der Lehre

vom Fünklein.

(7)

Gott wird in der mystischen Einung „die Form der Seele“; ähn-

lich wie nach aristotelisch-scholastischer Auffassung die Seele die

„Form des Leibes“ ist.

Dies ist ein Beispiel dafür, wie Meister Eckehart Aristotelische

Begriffe zur Erläuterung und Deutung des Mystischen heranzieht.

Er tut dabei der Ursprünglichkeit und Selbständigkeit seiner my-

stischen Lehre, sofern sie in den Urbegriffen gefaßt und gedeutet

wird, keinen Abbruch.

(8)

Da nur der Mensch der Gottesgeburt in der Seele bewußt wer-

den kann und nur er „gote alsô sippe“ ist, ergibt sich daraus die

unaussprechlich h o h e W ü r d e der Menschen. (Im obigen ist

sie nicht eigens hervorgehoben, weil wir mit dem Meister noch

oft darauf zurückkommen.)

(9)

Übungen, welche zu den mystischen Zuständen führen sollen,

sind bei Meister Eckehart bestimmt anzunehmen, jedoch in ihrer

Beschaffenheit nicht feststellbar.

Zur religionsphilosophischen Kategorie der E i n h e i t v o n G o t t u n d

S e e l e in anderen mystischen Lehren vgl. mein Buch: Religionsphilosophie auf

geschichtlicher Grundlage, Wien 1947, S. 46 ff. [2. Aufl., Graz 1970, S. 60 ff.].

Es kann keine echte Mystik geben, welche diese Kategorie nicht in irgendeiner

Form einführte. An dieser Stelle würde passend die G o t t e s l e h r e u n d d i e

S e i n s l e h r e Eckeharts folgen. Doch müssen wir es vermeiden, durch diese zu

sehr ins Theologische hineinzukommen, während wir uns möglichst auf das

Philosophische beschränken wollen. Überdies werden Hauptpunkte der philoso-

1

1

Pf. 6, 1: Gott wirkt in der Seele ohne jede Vermittlung.