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V i e r t e r A b s c h n i t t

Die Schöpfungslehre

I. Der Lehrbegriff der Schöpfung

A. V e r s e n k u n g u n d S c h ö p f u n g

Statt der Lehre von der Gottesgeburt in der Seele dem strengen

Begriffszusammenhange nach die Gottes- und Seinslehre folgen zu

lassen, werden wir dem besseren Verständnisse Eckeharts dienen,

wenn wir sogleich zu seiner Schöpfungslehre übergehen.

Auch der philosophisch bewanderte Leser wird sich in der

Schöpfungslehre verhältnismäßig fremd fühlen. Das kommt daher,

daß diese Lehre in den meisten Lehrgebäuden der Philosophie arg

vernachlässigt wurde. Wir werden daher dem Schlusse dieses Ab-

schnittes einen lehrgeschichtlichen Überblick anfügen.

Es wird sich dann die bisher merkwürdigerweise unbeachtete

Schöpfungslehre Eckeharts als eine bewundernswerte, unvergleich-

liche Leistung erweisen, die wohl das damalige augustinisch-scho-

lastische Lehrgut übernimmt, aber zugleich so weit darüber hinaus-

geht, daß erst bei Fichte und seinen Nachfolgern — in der Selbst-

setzungs- und Selbstentgegensetzungslehre — ähnliches wieder er-

scheint.

Wer die Schöpfungslehre Eckeharts verstehen will, muß sich vor

allem über den herrschenden, oberflächlichen Begriff des Schaffens

erheben: „Gott hat die Welt geschaffen!“ Das ist gewiß wahr, aber

was ist dieses „Schaffen“? Das ist die Frage!

Es ist kein einfaches Aussersich-Setzen des Geschöpfes; kein Ein-

für-allemal-Schaffen, wie die herkömmliche Vorstellung meint! Gott

schafft die Welt nicht wie der Baumeister, der das Haus baut —

und dann geht er nach Hause, dann überläßt er es sich selbst; oder

der Uhrmacher: der macht die Uhr, zieht sie auf, und dann über-

läßt er sie sich selbst. — Diese Vorstellung vom Schaffen führt folge-