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Welt nicht ein für allemal geschaffen sei, sondern immer neu ge-

schaffen werden müsse; sodann auch, daß das „Einstehen“, die

innere Selbstbetrachtung, kein ausschließlich im Innersten der Gott-

heit sich vollziehender Vorgang sei, vielmehr damit auch die Welt

samt der Seele geschaffen werde

1

!

B. I n n e b l e i b e n u n d Ä u ß e r u n g : I n n e r e u n d

ä u ß e r e S c h ö p f u n g

Damit berühren wir einen entscheidenden Punkt: Wir haben

nämlich im Selbstdenken oder „Einstehen“ Gottes eine i n n e r e

u n d e i n e ä u ß e r e S c h ö p f u n g zu unterscheiden (die

herkömmliche Schöpfungslehre geht dem nicht weiter nach, sie be-

gnügt sich, wie gesagt, damit, daß Gott die Welt aus Nichts ge-

schaffen habe!). Die große Frage, die hier auftritt und die jeder

tiefer blickenden Schöpfungslehre aufgegeben ist, besteht aber darin:

w i e , auf welche Weise die Selbstvergegenständlichung, wir können

auch sagen, Selbstoffenbarung Gottes zur Offenbarung nach außen,

zur Weltschöpfung werde? Wie kann aus einer m a n i f e s t a t i o

a d i n t r a e i n e m a n i f e s t a t i o a d e x t r a werden?

Der eigentümliche Beitrag Eckeharts zum Verständnis des Ver-

hältnisses einer inneren und äußeren Schöpfung liegt unseres Er-

achtens in dem Begriffe des B e f a ß t b l e i b e n s oder I n n e -

b l e i b e n s des nach außenhin Geschaffenen im Schaffenden. Für

Eckehart kann diese äußere Welt nur entstehen, indem sie zu-

g l e i c h eine innere b l e i b t .

Nebenbei gesagt, ist dadurch allein schon bei Eckehart jede

E m a n a t i o n s l e h r e ausgeschlossen; ebenso wie jeder Pantheis-

mus. Auch die Behauptung, er sei Neuplatoniker, ist natürlich da-

mit abgetan.

Merkwürdigerweise ist der Begriff des gleichzeitigen Innebleibens

bisher in Eckeharts Lehre, so viele Darstellungen sie auch fand, noch

gar nicht bemerkt worden! Und doch haben wir damit eine der

1

Das bestätigen auch die verworfenen Sätze 1—3 der päpstlichen Bulle

(siehe unten S. 256). Ich stütze mich aber nicht darauf, weil sie eine ungenaue

Lesart darstellen, wie Karrer nachwies.