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104

„Alle crêatûre die engevallent gote niht, daz nâtiurlich lieht der sêle über-

schine sie, in deme si ir wesen nement, . . . daz daz göttlich lieht dar inne ge-

würken müge; . . . Dar umbe muoz diu sêle gesamet sîn und ûf gezogen unde

muoz ein geist sîn. Da würket got, dâ behagent alliu werc gote.“

1

Solche halbdunkle Aussprüche ließen sich noch viele anführen:

Im folgenden sind unter den „Bildern“ die Ideen zu verstehen:

„Daz bilderîche lieht götlîcher einekeit daz ist einveltic und ist doch wesen

unde nâtûre.“

2

„Ez hât aller dinge bilde in ime beslozzen einvelticlich unde weselich.“

3

„. . . daz einveltic bilderîche lieht haldet wesen unde haldet sich ouch der

natûre. .. Sîn meistiu eigenschaft ist, daz ez sich alleine liuhtet. .. Swenne sich

aber daz bilderîche lieht alliu dinc liuhtet und allez daz ez liuhtet daz ist ez

selber,. . ."

4

.

Mit dem folgenden Vergleiche des Verhältnisses von Seele und

Leib zu dem Verhältnisse von Gott zur Seele sei unsere Auslese

von Belegen beschlossen:

„Als der mensche würket sîniu werc, sô ist er mit dem lîbe unde mit der

sêle vereinet, wan der lîp mac niht würken âne die sêle. Als diu sêle mit gote

vereinet ist, so würket si götlich werc, wan got mac niht gewürken âne diu

sêle unde diu sêle mac niht gewürken âne got. Danne ist got der sêle leben, als

diu sêle des lîbes, .. . Und nâch deme, daz diu gotheit in aller dingen ist, so ist

si aller seien sêle. .. . Got würket ein werc mit der sêle; in dem werke wirt diu

sêle über sich selben erhaben. Daz w e r c i s t c r ê a t û r e und ist gnâde

unde ziuhet die sêle in got.“

5

1

Pf. 121, 3: Alle Kreaturen gefallen Gott nicht, wenn das natürliche Licht

der Seele sie nicht überglänzt, in dem sie ihr Sein empfangen ... damit das gött-

liche Licht darinnen wirken kann. .. . Darum muß die Seele gesammelt und em-

porgezogen sein und muß ein Geist sein. Dort wirkt Gott, dort behagen Gott

alle Werke.

2

Pf. 668, 35: Das bilderreiche Licht göttlicher Einigkeit, das ist einfaltig und

ist doch Wesen und Natur.

3

Pf. 669, 4: Es hat aller Dinge Bilder (Ideen) eingefaltet und seinshaft in

sich eingeschlossen.

4

Pf. 669, 16: Das einfaltige bilderreiche Licht (göttlicher Einigkeit oder Ein-

heit) enthält in sich Wesen und auch Natur . .. Seine hervorstediendste Eigen-

schaft ist, daß es alleine leuchtet. Dieses bilderreiche Licht leuchtet (schafft) sich

alle Dinge selber, und alles, was es leuchtet, das ist es selber.

5

Pf. 529, 27: Wenn der Mensch seine Arbeit tut, so sind Leib und Seele bei-

einander, denn der Leib kann nicht ohne die Seele wirken. Wenn die Seele mit

Gott vereint ist, wirkt sie göttliche Arbeit, denn Gott kann nichts tun ohne die

Seele und die Seele nichts ohne Gott. So ist Gott der Seele gegenüber das, was

die Seele dem Leibe. . . . Demgemäß, daß die Gottheit in allen Dingen ist, so ist

sie aller Seelen Seele.

Gott wirkt mit der Seele ein Werk; bei dem Werke wird die Seele über sich

selbst erhoben; das Werk ist (nämlich) Schöpfung und ist Gnade und führt die

Seele zu Gott.