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und der daraus entspringende Zug der Kreatur zu Gott sind Be-
griffe, welche aus der Schöpfungslehre bereits zur Lehre vom Ge-
schaffenen, zur Naturphilosophie hinüberführen.
VIII.
Erläuterung und Beurteilung
Bisher scheuten wir uns, zur Beurteilung und Prüfung der Lehren
Meister Eckeharts unserer Darstellung etwas hinzuzufügen. Seine
Lehre sprach überall für sich selbst, und der Hinweis auf ihren Ur-
sprung aus der inneren Erfahrung genügte, um alles einleuchtend
zu machen.
Anders die eben vorgetragene Schöpfungslehre. Sie wirkt heute,
wo die philosophische Bildung fast verloren ging, teils befremdend,
teils wohl sogar unverständlich. Wir wollen dem begegnen, indem
wir einen lehrgeschichtlichen Überblick voranschicken und dann die
auf diese Weise klar gewordenen Denkaufgaben selbst betrachten.
A. L e h r g e s c h i c h t l i c h e r B e s c h e i d
Die naturwissenschaftliche Denkweise lehnt den Begriff der
Schöpfung von vorneherein ab. Sie sagt, daß uns die Erfahrung auf
den Begriff einer stetigen Veränderung, eines stetigen Geschehens
an einer jeweils schon g e g e b e n e n Materie (materiellen „Sub-
stanz“) führe, nicht aber auf den der Schöpfung: alles aus Ver-
änderungen in der V e r b i n d u n g der Atome! In der organischen
Natur führe das auf den Begriff der Entwicklung (Evolution) aus
niedrigsten Anfängen, in der unorganischen auf Ansichten von der
Art der Laplace’schen Hypothese, wonach unser Planetensystem aus
einem undifferenzierten Urnebel entstanden wäre. .
Diese Gedanken sind aber geradezu primitiv zu nennen. Denn
denkt man sie zu Ende, so heißt das nichts anderes, als daß die Welt
e w i g war, ewig sich, aus Urnebein, „entwickelte“. Die Ewigkeit
der Welt ist aber kein induktiver Begriff mehr, kein aus der Er-
fahrung begründbarer — man muß also, um die Ewigkeit der Welt
zu begründen, doch wieder zu rein philosophischen Erwägungen
zurückkehren! Mit einer Abweisung des Schöpfungsbegriffes aus
n a t u r w i s s e n s c h a f t l i c h e n Gründen ist es also nichts!
P l a t o n lehrt im Dialoge „Timaios“, daß der Demiurg (Welt-